Ausstellung im Arp Museum Wuchern und durchpurzeln

Remagen · Das Arp Museum in Rolandseck widmet sich dem Hauspatron im Geiste des Dadaismus, Sophie Taeuber-Arp glänzt mit Marionetten, Tanz- und Bühnenkunst.

Der Arp ist wieder da. Für die Ausstellung „Genese Dada“ musste der Partron des Arp Museums in Rolandseck Anfang des Jahres seine Etage im Meier-Bau räumen, war natürlich mit einigen Arbeiten trotzdem dabei – und schwebte als guter Geist im Zeichen Dadas durch den Raum. Jetzt haben Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp wieder ihr Stockwerk bezogen. Und Kuratorin Astrid von Asten hat eine sehr schöne Sammlungsschau arrangiert, die in bewährter Form bekannte Arbeiten der beiden Künstler mit seltener gezeigten Stücken aus dem Depot kombiniert. Von Asten konzentriert sich in ihrer Präsentation naheliegend und dem Rolandsecker Jahresthema folgend auf Arps Dada-Jahre ab 1916 und die Revolution, die sich damals in seinem Werk ereignete.

Arp war eine der prägenden Figuren des Dadaismus in Zürich, der vor hundert Jahren im Cabaret Voltaire entstand. Er wurde aber auch geprägt durch den interdisziplinären, wilden ungemein kreativen Austausch und die Künstler jener Zeit. „Sie sind Vorläufer, Propheten einer neuen Zeit“, dieses Motto von Hugo Ball begleitet die Schau. Geistiges Zentrum der Ausstellung ist – wie bei „Genese Dada“ – das Cabaret Voltaire, das in einem Kubus zitiert wird, der aus der Vorgängerschau recycelt wurde.

Wir sehen dort das Piano im Schummerlicht, hören Lachen, Stimmen, Raunen. An der Wand des Cabaret hängen Zeichnungen Arps, die ausgehend von Blättern aus dem Jahr 1916 die Entwicklung des Künstlers skizzieren: Figurative Zeichnungen, geometrische Abstraktion wie in der Collage „Construction élémentaire“ und dann der Übergang zu organischen Formen wie in „Un Mésure d'un Conte de Fée“ – das Ganze in nur wenigen Jahren. Arps Bildsprache wandelt sich von der geometrisch-symmetrischen Form zu einer naturhaften Organik.

Sein Freund Tristan Tzara hat diese einander widersprechenden Tendenzen genau beobachtet. Einmal meinte er: „Ich sehe Arp: Askese, die aus Symmetrie resultiert, einer Symmetrie, die er sich auferlegt wie eine Ordensregel.“ Ein andermal diagnostizierte Tzara: „Ich sehe bei Arp: Vegetation von Explosionen, Durchpurzelndes, wuchernde Unsymmetrie, befreit von jeder Ordensregel, Sprengen der Askese.“ Das Wuchernde, „Durchpurzelnde“ wird sich am Ende durchsetzen. Der Weg dahin ist spannend.

In der Ausstellung sind etwa Arbeiten mit dem „bewegten Oval“ zu sehen, wie Arp die Formen nannte, die in den Gemälden ein geradezu plastisches Eigenleben entwickeln. Der Emanzipationsprozess führt schließlich zu Wandreliefs mit ovalen Grundformen. Ein Werk wie die „Dada-Collage“ zeigt geometrische Streifen in Konkurrenz zum Oval. Alles scheint auseinanderzudriften, das Blatt selbst hat keinen rechten Winkel, droht förmlich aus dem Rahmen zu fallen.

Dieser Rahmen, ein gewöhnungsbedürftiger Goldrahmen, mit einem eigenwillig geschnittenen Passepartout, stammt noch aus der Zeit von Johannes Wasmuth (1936-1997), dem Retter und Impresario des Bahnhofs Rolandseck – und wird nicht verändert. Eine Hommage an den Mann, der am kommenden Donnerstag 80 würde.

Die Ausstellung widmet sich Arps „Kosmischer Form“ und der „Organischen Form“, die der Künstler unter den Leitsatz „Die Kunst soll sich in der Natur verlieren“ stellt, sie versammelt schließlich die Reliefs, die Arp aus der Collage heraus entwickelte. Und sie beobachtet die Kooperation von Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, die sich im Kreis des Cabaret Voltaire kennenlernten und 1922 heirateten.

Taeuber-Arp bekommt einen eigenen Kubus in der Ausstellung: Dort wird ein selten beleuchtetes Thema vorgestellt, das Bühnenschaffen von Taeuber-Arp, die im Ausdruckstanz in der Galerie Dada ebenso reüssierte wie als 1918 Ausstatterin des Marionettenspiels „König Hirsch“. Die Bühnenbilder sind dokumentiert, die witzig aus geometrischen Formen zusammengebauten Marionetten belegen als Rekonstruktionen Taeuber-Arps sprühende Fantasie.

Der letzte Akt der Schau gehört wieder Arp und Dada. Die Kuratorin konzentriert sich ganz auf Statements der Zeit, die sie in verschiedenen Typografien über die Wände laufen lässt. „Dada ist der Urgrund aller Kunst“, liest man da, „Dada ist schön wie die Nacht, die einen jungen Tag in den Armen wiegt“ und „Platz Dada für die Natur Dada“. Wer will, kann sich auch in ein riesiges Diagramm vertiefen, in dem Adrian Notz, Direktor des Cabaret Voltaire, Arps Netzwerk ausbreitet, das Koordinatensystem seiner Kunst und seiner Wirkung. Im Mittelpunkt findet man – wen wundert's – Rolandseck.

Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen; bis 23. April 2017. Di-So 11-18 Uhr. Internet: www.arpmuseum.org

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