Ausstellung in Köln Vorhang auf für die Suche nach dem Gral

Köln · Illusion pur: Kölns Museum für Angewandte Kunst zeigt "Raum-Maschine Theater". In ihr sieht man anhand von Fotografien und grafischen Blättern, Gemälden, Blaupausen und Modellen die ganze Welt des Theaters.

 Paul Joukowsky, "Gralstempel", Bühnenbildmodell zu "Parsifal" von Richard Wagner ( Uraufführung in Bayreuth 1882).

Paul Joukowsky, "Gralstempel", Bühnenbildmodell zu "Parsifal" von Richard Wagner ( Uraufführung in Bayreuth 1882).

Foto: Sascha Fuis

Der Unterwasserpalast für Lortzings "Undine" schillert in üppiger Säulenpracht, die Franz Angelo Rottonara 1896 in seinem Bühnenbildentwurf beschwor. Ein Triumph der Zentralperspektive, gekrönt durch eine blitzende Kuppel in der Bildmitte. 1923 sieht alles anders aus. Ludwig Sievert ersinnt für Strindbergs "Die große Landstraße" Häuser mit stürzenden, die Passanten fast erschlagenden Linien. Und alle ziehen den Betrachter zu einem Nullpunkt am Horizont.

Dies sind nur zwei Beispiele der Schau "Raum-Maschine Theater", mit der die Theaterwissenschaftliche Sammlung (Leitung: Peter W. Marx) der Kölner Universität nun im Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) gastiert. Die ebenso sinnliche wie klug konzipierte Schau beschließt das Architekturjahr des Museums grandios.

Marx sieht eine "Wahlverwandtschaft mit dem MAKK, denn Theater ist ja einerseits angewandte Literatur, andererseits angewandte Bild-Raum-Kunst". Um letztere geht es hier, sowohl in der Gestalt der Theater wie in den Seelen- und Vorstellungswelten, die Bühnenbilder erschließen.

So sieht man anhand von Fotografien und grafischen Blättern, Gemälden, Blaupausen und Modellen die ganze Welt des Theaters. Dem prunkvollen Treppenhaus der Pariser Garnier-Oper steht dabei ein Längsschnitt des Gebäudes gegenüber, der offenbart, von wie viel Technik die Bühne umzingelt ist. Natürlich spiegelt sich auch in den Theaterbauten der Zeitgeschmack.

So wurde die barocke Kölner Oper am Habsburgerring 1944 zwar bei Bombenangriffen schwer getroffen, fiel mit ihren Zuckerbäckertürmchen aber vor allem dem Nachkriegswunsch nach Schnörkellosigkeit zum Opfer. Wie konsequent Wilhelm Riphahn dieses Ideal erfüllte, verraten strenge Fotos, während das Büro HPP mit Modell sowie digitaler Animation Vorfreude auf den 2015 sanierten Bau weckt.

Dieser Kölner Aspekt aber steht erst am Ende der Schau, die sich elegant durch Kabinette, Themen und Zeiten schlängelt. Leicht amüsiert sieht man, wie sich um 1900/1910 die Rheinischen Werkstätten für Bühnenkunst eine "französische Stadt" vorstellten: ganz putzig mit Triumphbogen, Springbrunnen und Brasserie.

Zehn Jahre später ist es in Ernst Sterns Bühnenbild für Else Lasker-Schülers "Wupper" mit der Gemütlichkeit vorbei: expressionistisch-grelle Kulissen reißen Großstadt-Abgründe auf. Dem stehen die von Licht wie Architektur modellierte Sakralräume gegenüber, durch die nicht nur Gralssucher Parsifal, sondern etwa auch Faust wandelt.

Goethes Drama ist eines der spektakulärsten Modelle in der Rotunde der Ausstellung gewidmet: Alfred Rollers rundum mit naturalistischen Außen- und Innenmilieus bestückte Drehbühne für eine Max-Reinhardt-Inszenierung. Die Modelle faszinieren besonders: Josef Svobodas schwarze, in ihren Modulen verschiebbare "Hamlet"-Bühne wirkt ebenso skulptural wie Lyubov Popovas konstruktivistische Fantasie-Maschine für "Der großmächtige Hahnrei".

Ein eindrucksvolles Kapitel gilt der raumgreifenden Treppe als Symbol für das blutbesudelte Treppenhaus der Geschichte, in dem etwa "Richard III." schon aufs nächstes Opfer wartet. Ebenso apart: die Entwürfe utopischer Bauten wie Andor Weiningers "Kugel-Theater" oder Walter Gropius' "Totaltheater".

Keineswegs utopisch dürfte eine Fortsetzung der Kooperation zwischen MAKK und der Theaterwissenschaftlichen Sammlung sein: Nachdem man diese Schau, so MAKK-Chefin Petra Hesse und Peter W. Marx, vor allem dem Engagement von Georg Quander verdankte, plant man für 2014 ein Shakespeare-Projekt.

Museum für Angewandte Kunst, Köln; bis 10.März. Di-So 11-17, Katalog 19.90 Euro.

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