Interview mit Stargeiger Stargeiger David Garrett tritt in Köln auf

Köln · David Garrett ist der Rockstar unter den Geigern. Am 12. Mai gastiert der gebürtige Aachener mit Band und der Neuen Philharmonie Frankfurt in Köln. Vor dem Konzert traf unser Autor Garrett zum Interview.

 Vom Wunderkind zum Klassikrebell: David Garrett am vergangenen Samstag in Chemnitz. FOTO: DPA

Vom Wunderkind zum Klassikrebell: David Garrett am vergangenen Samstag in Chemnitz. FOTO: DPA

Foto: picture alliance/dpa

Erinnern Sie sich noch an den 28. August 1991?

David Garrett: (überlegt) Hamburg, Gerd Albrecht, Sarasate Zigeunerweisen.

Ich bin schwer beeindruckt...

Garrett: (lacht) ... ich habe ein gutes Gedächtnis.

Ich saß an jenem Tag im Publikum, als Sie mit gerade einmal zehn Jahren in der Laeiszhalle mit den Hamburger Philharmonikern spielten. Wie sah denn damals der Zukunftstraum des kleinen David aus, der ja im Grunde schon ganz oben angekommen war...

Garrett: Ich hatte keinen Traum – und wahrscheinlich hat auch kein Kind mit zehn Jahren wirklich einen Traum bezüglich seiner Zukunft. Dafür ist man viel zu jung, hat zu wenig gesehen und zu wenig erlebt. Natürlich habe ich gemerkt, dass die Leute viel Interesse für mich und mein Geigenspiel gezeigt haben, aber im Grunde wusste ich gar nicht, was ich da so tue.

Es kam ja relativ rasch Ihr Image- und Sound-Wechsel vom eher konservativen Klassikkonzert zum Event mit Klassik-Hintergrund, vom Wunderkind zum Geigenrebell mit schwerem Nietengürtel – was hat Sie zu dieser Veränderung getrieben?

Garrett: Meine Persönlichkeit, die sich entwickelt hat – schließlich wird man älter (lacht). Zudem hatten in meiner Kindheit und frühen Jugend meine Eltern stets Wert darauf gelegt, die Klamotten für mich zu kaufen, ohne mich zu fragen (lacht) – und das führte natürlich auch zu diesen teilweise haarsträubenden Bühnen-Outfits. Was nicht heißt, dass ich es selber besser gemacht habe… aber so eine Findungsphase, wo man auch mit Klamotten experimentiert, ist völlig normal.

Nun hat sich damals nicht nur Ihre Kleidung verändert, sondern auch der Sound...

Garrett: ...ich habe die Klassik eigentlich immer zweispurig betrieben. Ich fand das einfach spannend und habe über ein, zwei Jahre auch erlebt, was das für einen Wechsel im Publikum bewirkt: Wenn man heute zu mir ins Klassikkonzert kommt, sind da junge Menschen – und das ist toll.

Die Kollegen von der „Zeit“ sahen das anders und schrieben, Sie seien einer totalitären Vermarktungsmaschinerie in den Rachen geworfen und in eine Pop-Marke verwandelt worden...

Garrett: ...mache ich wirklich diesen Eindruck? Glauben Sie mir: Alle, die jemals mit mir zu tun gehabt haben, hätten sich gewünscht, mir etwas sagen zu können, doch das war gar nicht möglich (lacht).

Der Imagewechsel damals ging also allein von Ihnen aus.

Garrett: (lacht) Aber natürlich kam das von mir! Klar spielten da auch durch meine Zeit in New York und die Mädels eine Rolle: Ich hatte eine Freundin, die meinte, ich solle mir mal die Haare etwas länger wachsen lassen, und dann habe ich das ausprobiert. Und ich bin mit jemandem shoppen gegangen, der mir gesagt hat, was mir besser stünde – ganz normale Erfahrungen, bei denen man sich auch selbst besser kennenlernt…

...und dann in puncto Outfit auch vom Wunderkind zum Klassikrebell wird.

Garrett: Natürlich höre ich immer auf gute Ratschläge, aber wenn es darum geht, was ich auf der Bühne anziehe, sage oder als Repertoire spiele, dann kommt das doch immer von mir. Und das finde ich auch wichtig, denn ich habe die Verantwortung und möchte nicht argumentieren, dass etwas nicht geklappt habe, weil ein anderer mir etwas gesagt hätte: Das ist nicht meine Art. Ich stehe für den guten und auch für den schlechten Moment gerade.

Auf viele gute Momente setzen Sie auch bei Ihrer „Unlimited – Greatest Hits“-Tour – was erwartet Ihr Publikum in Köln?

Garrett: Das Programm wird viele Stücke beinhalten, die ich über die letzten zehn Jahre im Crossover- wie auch im Klassik-Bereich aufgenommen habe. Stücke, mit denen ich viele wunderbare Erinnerungen verbinde, ein musikalisch-emotionaler Rückblick und für mich die tolle Möglichkeit, diese Werke auch noch einmal neu zu entdecken.

Mit der Tour feiern Sie Ihr zehnjähriges Crossover-Jubiläum…

Garrett: …ja, denn zehn Jahre im Musikgeschäft sind eine verdammt lange Zeit! Und über zehn Jahre immer wieder qualitativ tolle Produkte auf den Markt zu bringen und, egal ob ich nun das Beethoven- oder Brahms-Konzert oder eine Crossover-Platte aufgenommen habe, mit jedem dieser Alben Gold- oder Platinstatus zu erlangen, solch eine tolle Resonanz ist nicht selbstverständlich. Und für mich ein Grund, das zusammen mit meinen Fans richtig zu feiern. Wir arbeiten dafür seit einem Jahr mit einem 16-köpfigen Produktionsteam an einem neuen, sehr aufwändigen Showkonzept mit ganz neuen Elementen aus Videotechnik, Live-Bild und Ideen aus Computerspielen, die die Musik wunderbar unterstützen.

Sie haben Ihre Favoriten ausgewählt. Welche sind dies?

Garrett: „Stairway to Heaven“ etwa ist eines meiner Lieblingsstücke, denn ich liebe schon seit Ewigkeiten die Gitarrensoli von Jimmy Page. Oder auch „Purple Rain“: Nach dem Tod von Prince 2016 hatte ich mir seinen ganzen Werkkatalog noch mal durchgehört – was für ein Genie, und zwar auch als Instrumentalist an der Gitarre! Und so zolle ich ihm nun mit dem Stück meinen ganz persönlichen Respekt, denn für ihn nehme ich die E-Geige in die Hand.

Taugen solche Crossover-Projekte als Brücke zur Klassik für die Massen?

Garrett: Das ist für mich keine Frage, sondern ein Fakt. Ich habe durch meine Konzerte Brahms, Tschaikowsky, Sibelius, Bruch und Mozart so vielen Menschen näher gebracht, die sich diese Musik vorher nie angehört haben! Kinder schicken mir Nachrichten, sie hätten wegen mir angefangen Geige zu lernen, junge Menschen kommen in meine Konzerte – was will ich mehr?

David Garrett gastiert am Sonntag, 12. Mai 2019, 19 Uhr, mit Band und Orchester in der Lanxess Arena in Köln. Karten gibt es ab 54,04 Euro bei Bonnticket.

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