200 Jahre Jacques Offenbach So war die Kölner Premiere der "Großherzogin von Gerolstein"

Köln · Nur ein mäßiger Start ins Offenbach-Festival: Renaud Doucets Operetten-Inszenierung kann im Staatenhaus nicht überzeugen. Dafür aber Jennifer Larmore in der Titelrolle.

 Die Großherzogin von Gerolstein (Jennifer Larmore, links) mit Fritz (Dino Lüthy) und Wanda (Emily Hindrichs).

Die Großherzogin von Gerolstein (Jennifer Larmore, links) mit Fritz (Dino Lüthy) und Wanda (Emily Hindrichs).

Foto: Bernd Uhlig

"Hände weg vom Hambacher Forst“, „Hambi bleibt“, oder „Stoppt das Monster RWE“ sind nur ein paar Forderungen, die auf den Plakaten auf der Bühne im Saal 2 des Kölner Staatenhauses zu erkennen sind. Eine stattliche Zahl von Öko-Aktivisten wuselt hier wie auf einem Wimmelbild herum, um den Hambacher Forst und vielleicht auch die ganze Welt zu retten. Sie leben in Wohnwagen und Bretterverhauen, und weil es offensichtlich noch recht früh am Morgen ist, bilden sich vor dem provisorischen WC lange Schlangen, während auf der anderen Seite des Camps geduscht wird.

Das Duo Renaud Doucet (Inszenierung) und André Barbe (Bühne und Kostüme) hat sich diese anarchische Szenerie ausgedacht, um Jacques Offenbachs Opéra bouffe „La Grande-Duchesse de Gérolstein“ zu erzählen, mit deren Premiere an Pfingstsonntag das Offenbach-Festival zum 200. Geburtstag des in Köln geborenen Komponisten eröffnet wurde.

Zugleich wollten sie die Geschichte ein wenig auffrischen. Denn eigentlich hatten Offenbach und seine Librettisten Henri Meilhac und Ludovic Halévy in ihrem Stück ja die Obrigkeit und das Militär als Zielscheibe des Spotts ausgewählt. Das erschien Doucet und Barbe heute nicht mehr so ganz passend. „Was ist der entscheidende Kampf unserer Tage?“, fragt Doucet im Programmheft. Und antwortet: „Es ist der Kampf um die Umwelt – die Ökologie!“ Selbst wenn er damit nicht so ganz falsch liegt, passt es doch leider ganz und gar nicht zu Offenbachs „Großherzogin von Gerolstein“. Schon weil die realen Hambacher Öko-Aktivisten nicht im Dienste der Mächtigen stehen.

Deshalb mussten sie das Stück ein bisschen in die gewünschte Richtung verbiegen. Zum Beispiel mithilfe der Dialoge, die im Gegensatz zu den im originalen Französisch belassenen Gesangstexten, komplett neu geschrieben wurden. Dafür haben sie eigens den erfahrenen Boulevardkomödien- und Comedyautor Dietmar Jacobs verpflichtet.

Der Goldene Frosch

Doch so richtig in die erzählerische Spur bringen die neuen, in ihren kölschen Anspielungen zum Teil auch recht albernen Dialoge das Stück kaum. Es wirkt einfach zu gewollt, wenn die Großherzogin hier als Chefin des Gerolsteiner Mineralwasserunternehmens auftritt, die sich zwar für die Rettung der Natur und des bedrohten, in der Inszenierung symbolhaft überhöhten „Goldenen Froschs“ einsetzt, deren zwielichtige, profit- und machtorientierte Berater General Boum (Vincent Le Texier) und Baron Puck (Miljenko Turk) aber mit dem Ökoheer andere Ziele verfolgen.

Einer der Friedens- und Öko-Soldaten der Truppe ist Fritz (Dino Lüthy), dessen naturburschenhafte Erscheinung das erotische Interesse der Großherzogin (Jennifer Larmore) weckt, die eigentlich aus geschäftsstrategischen Gründen Paul (John Heuzenroeder), den Großbäckerei-Erben, heiraten soll. Doch Fritz liebt Wanda (Emily Hindrichs), der wiederum Chefberater General Boum nachstellt. Die Verwicklungen, die sich daraus ergeben, finden zwar in einem Mordplan gegen Fritz ihren Höhepunkt, doch zugleich gerät die politische Botschaft der Inszenierung immer weiter zur Nebensache.

Dafür aber wird bühnentechnisch ein ziemlicher Aufwand betrieben. So blickt man etwa im zweiten Akt in einen grünen Salon mit einem Offenbach-Porträt an der Wand und auf einen riesigen goldenen Frosch im Jeff-Koons-Stil. Die Umbauten machten zwei zirka 25-minütige Pausen und vor dem letzten Bild ein sehr unterhaltsames Ballett mit Tänzern in Pferd- und Jockeykostüm erforderlich (Choreografie: Cécile Chaduteau). Fürs Ballett gab's Sonderapplaus.

Dass die musikalische Qualität der Produktion stimmt, dafür sorgen Dirigent François-Xavier Roth und das temperamentvoll aufspielende Gürzenich-Orchester im Graben ebenso wie der von Rustam Samedow einstudierte Chor. Und natürlich die Solisten mit der spielfreudigen und wunderbar singenden Mezzosopranistin Jennifer Larmore in der Titelpartie, die sogar ihr Hündchen „Buffy“ mit auf die Bühne bringen durfte. Dino Lüthy spielte und sang mit ihr auf Augenhöhe, ebenso Emily Hindrichs als Wanda. Auch in den weiteren größeren und kleineren Rollen, wie zum Beispiel Nicolas Legoux als Grog, wurde überwiegend sehr gut gesungen.

Das Publikum nahm die Premiere gemischt auf. Neben dem Applaus gab es ein paar Buhs und einige zustimmende Rufe. Einige Zuschauer hatten den Saal längst verlassen, als das Stück nach mehr als dreieinhalb Stunden zu Ende ging.

Weitere Termine: 12., 20., 23., 26. 6.; 4., 7., 10. und 12. 7.; Karten gibt es bei Bonnticket.

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