Pet Shop Boys in Köln Schnell erwischt von der Liebe

Köln · Im Kölner Palladium gingen die Pet Shop Boys am Sonntagabend zusammen mit rund 4000 Fans auf Zeitreise und begeisterten ihre Fans mit zahlreichen Klassikern und einer gewohnt tollen Lightshow.

 Die Pet Shop Boys in Köln.

Die Pet Shop Boys in Köln.

Foto: Thomas Brill

1985 ist das Jahr, in dem in der Bundesrepublik erstmals Smogalarm ausgelöst wird. Ein sommersprossiger Rotschopf aus Leimen gewinnt mit gerade Mal 17 Jahren Wimbledon. Und zwei Briten landen mit einem Lied, das von jungen Londonerinnen aus dem West End und jungen Londonern aus dem East End handelt, beim zweiten Anlauf einen Welterfolg. Inzwischen wird der Grad der Umweltverschmutzung in Feinstaub gemessen, während Boris Becker auf ewig der Typ mit der Besenkammernummer bleiben wird. Aber wenn im Palladium am Sonntagabend das gerappte Intro “Sometimes you're better off dead. There's a gun in your hand and it's pointing at your head” erklingt, fühlt sich das keineswegs so an, als seien 31 Jahre vergangen.

Die aktuelle Tour der Pet Shop Boys – nach dem umjubelten Auftakt in Leipzig war Köln die zweite Station – gerät zum Triumph. Auch die einstige Fabrikhalle im rechtsrheinischen Stadtteil Mülheim ist komplett ausverkauft. Neil Tennant (62) und Chris Lowe (57) gelten als bisher erfolgreichstes Popduo in der Musik-Geschichte und können es sich deshalb auch locker erlauben ihre „West End Girls“ schon an zweiter Stelle direkt nach dem einleitenden „Inner Sanctum“ ins Rennen zu schicken. 4000 Fans finden das klasse. Klasse ist auch die Lightshow mit ihren bunten Lasern, Kreisen und Würfeln, die dreidimensional durch den Raum schweben und an Rubik´s Cube erinnern. Auch der Zauberwürfel zählt zu den Errungenschaften der 1980er.

Ebenso wie der Synthie-Pop der beiden Briten. Tennant, der Mann mit dem Mikro, hat nichts von der fluoreszierenden Magie seines Gesangs verloren. Während andere Sänger seiner Altersklasse mühselig das letzte Quäntchen Kopfstimme aus sich herauspressen, Backgroundsängerinnen zur Verstärkung einsetzen oder alles einfach etwas tiefer legen, hat der Mann mit der schmalen schwarzen Retro-Krawatte das kein Stück nötig. Zwar ist die Tour nach dem aktuellen 13. Studioalbum „Super“ benannt, die im April heraus kam, aber auch solche Meilensteine wie „It's a Sin“ (1987), ein hochdramatisches Stück, in dem er seine katholische Erziehung verarbeitet, kickt Tennant so cool aus dem Weg als seien's bloß Kieselchen.

„Pop Kids“ von „Super“, nach den „West End Girls“, bildet die Klammer für 15 Stücke und drei Zugaben. Wenn es, ganz zum Schluss, als Reprise noch einmal kurz angespielt wird, nahen schon die behelmten Bühnenarbeiter, die bereit sind zum Abräumen. Klanglich entfaltet das Konzert, verstärkt durch eine Band, die aber erst später erscheint, innerhalb von fast zwei Stunden eine Wucht, die an Technopaläste erinnert. Stücke wie „Se A Vida É“ (That's The Way Life Is)“ oder „Go West“ werden von allen mitgesungen, „Domino Dancing“ (1988) als erste Zugabe katapultiert die glückselige Menge erneut zurück in die Zeiten, als man noch am Anfang seines Lebens stand.

Nicht nur die Pet Shop Boys sind gereift. Mit „Always On My Mind“ wird es noch einmal so richtig besinnlich. Am Ende hat man das Gefühl, genau das bekommen zu haben, was man wollte. Einen Mix aus Zeitreise, Video- und Lichtkunst und der Gewissheit, dass manche Dinge sich gottlob nicht ändern. Für Boris Becker mag das schmerzhaft sein, für diejenigen, die Sonntag in Köln erneut erlebt haben, wie schnell einen die Liebe erwischen kann („Love Comes Quickly“), war's ungemein angenehm.

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