Sanierung der Kölner Oper Neue Hiobsbotschaften

KÖLN · Sie geht vorneweg. Zielstrebig steuert Kölns neue Oberbürgermeisterin Henriette Reker den Stehtisch mit Mikrofon an, der im Foyer des Schauspielhauses aufgebaut ist. Durch die Fenster hinter ihr ist der kleine Offenbachplatz zu sehen - Betriebsamkeit herrscht dort keine. Die Kölner Problem-Baustelle befindet sich offenbar in einer Art Stand-by-Modus. Die Sanierungskosten steigen womöglich auf 460 Millionen Euro.

 Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker macht die Opernbaustelle zur Chefsache.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker macht die Opernbaustelle zur Chefsache.

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Sie geht vorneweg. Zielstrebig steuert Kölns neue Oberbürgermeisterin Henriette Reker den Stehtisch mit Mikrofon an, der im Foyer des Schauspielhauses aufgebaut ist. Durch die Fenster hinter ihr ist der kleine Offenbachplatz zu sehen - Betriebsamkeit herrscht dort keine. Die Kölner Problem-Baustelle befindet sich offenbar in einer Art Stand-by-Modus.

Der soll nun abgelöst werden durch einen neuen Zeit- und Kostenplan, durch neuen Schwung - so die Erwartungen am gestrigen Mittag an OB Reker, an Baudezernent Franz-Josef Höing, an Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach, an die Leiter der städtischen Bühnen, die alle vor die Presse getreten sind. Doch OB Reker muss enttäuschen: "Diese Erwartungshaltung können wir heute nicht erfüllen."

Zunächst nur so viel: "Wir gehen davon aus, dass wir nicht zur Spielzeit 2017/18 zurück an den Offenbachplatz kehren werden. Das ist die erste schlechte Nachricht." Die zweite Hiobsbotschaft wird zur Rechenaufgabe. "Die Kostenprognose ist ebenso ein schwieriges Thema. Hier können wir nur sagen, dass sich die Kostensteigerungen zwischen 40 und 60 Prozent betragen werden", so Reker.

Wie sie später erläutert, basiert diese Prognose auf dem aktuellen Kostenbudget von 288 Millionen Euro. Ergibt also Mehrkosten von bis zu 170,8 Millionen Euro - 460 Millionen Euro könnten also am Ende auf der Gesamtrechnung stehen. "Das ist eine erhebliche Summe, die sich auch durch die Verzögerung der Bauzeit ergibt", sagt die Oberbürgermeisterin, die trotz dieser schwierigen inhaltlichen Botschaften den Eindruck vermittelt, dass nach Wochen der unklaren Verantwortlichkeiten nun jemand das Heft in die Hand nimmt und nach vorne schreitet.

"Wir müssen die Talsituation schnell verlassen." Eine Situation, die unter anderem durch die Insolvenz der Firma Imtech - verantwortlichen für den Baustrom und die Strominstallationen im Riphahn-Ensemble - entstanden sei. Derzeit werde mit möglichen Nachfolgern verhandelt.

Das zweite Problem sei das Planungs- und Bauleitungsbüro für die technischen Anlagen gewesen. Vor gut zwei Wochen hatte die Stadt der Firma Deerns daher gekündigt. Laut Reker hatte dieses Büro insbesondere nicht mitgewirkt an der Erstellung eines neuen Termin- und Kostenplanes. "Weiterführende Aussagen zu Kosten und Terminen wird es daher erst im nächsten Jahr geben, nach meiner Auffassung frühestens im dritten Quartal 2016", sagt die Oberbürgermeisterin.

"Ich glaube an dieses Projekt", so Reker. Für die Zukunft könne sie eines zusagen: "Es wird ein transparentes, es wird ein ehrliches und es wird ein zuverlässiges Verfahren geben. Und ich hoffe, dass wir damit das Vertrauen zurückgewinnen können, was verloren gegangen ist."

"In dieser Situation braucht die Betriebsleitung ausgewiesene baufachliche Kompetenz, die wir in dem Maße nicht von den Bühnen als Bauherren erwarten können." Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach schlägt somit vor, neben den Fachintendanten Birgit Meyer und Stefan Bachmann sowie Bühnen-Manager Patrick Wasserbauer einen vierten Geschäftsführer berufen.

Dieser technische Betriebsleiter "soll sich ausschließlich um die Baustelle am Offenbachplatz kümmern und Ansprechpartner für die Politik wie die Öffentlichkeit sein". Den Vorschlag, der eine Satzungsänderung sowie einen Ratsbeschluss erfordert, will man möglichst rasch umsetzen.

Für Schauspielchef Bachmann ist diese Verstärkung "absolut gewünscht". Es sei "nicht falsch, dass die Bühnen Bauherrn sind und die technische Ertüchtigung der Häuser stark begleiten konnten. Wir sind aber an einem Punkt, wo Kompetenz und Kapazitäten nicht mehr ausreichen. Denn wir brauchen 100 Prozent für künstlerische Erfolge im verlängerten Interim". Dessen Mehrkosten sieht Wasserbauer bei acht bis neun Millionen Euro pro Jahr.

Für die Oper, die bis Ende September 2017 im Staatenhaus logiert, wird wohl ein neues Quartier gesucht werden müssen. Wasserbauer: "Die BB Group hat bekräftigt, dass sie dort noch 2017 mit dem Umbau beginnen will. Doch wir haben gerade das Staatenhaus in acht Wochen spielfertig gemacht und haben nun etwas mehr Zeit, um mit einem neuen Interimskonzept eine allseits tragfähige Lösung zu finden."

Ob dabei womöglich die jüngst dem Staatenhaus unterlegenen MMC-Studios wieder zum Zuge kommen, wollte Brigit Meyer nicht kommentieren. Die Intendantin hat ihren Optimismus nicht verloren. Er speist sich aus dem durchweg sehr positiv besprochenen Saisonstart mit entsprechender Publikumsreaktion.

"Wir haben allein in dieser Woche 3000 Karten verkauft und und schon 40 Prozent der Tickets für die ganze Saison ans Publikum gebracht." Auch die "wunderbare Zusammenarbeit mit François-Xavier Roth" mache ihr Mut, "diese Qualität bis zum Ende des Interims beibehalten zu können". Für den Schauspielkollegen wäre es "wünschenswert, dass wir bis zum Wiedereinzug im Depot bleiben könnten, dann aber wohl mit einem langfristigen Mietvertrag mit der Betreibergesellschaft Beos".

Ohnehin arbeite er seit anderthalb Jahren an einem Konzept, Köln-Mülheim als Spielbein des Sprechtheaters zu erhalten. "Das Konzept ist nahezu fertig, ich stelle es demnächst der Politik vor."

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