Von Diane Arbus bis August Sander Mäzene schenken Museum Ludwig mehr als 200 Werke berühmter Fotografen

Köln · Ab Freitag sind die Fotografien aus der Sammlung Bartenbach in dem Kölner Museum zu sehen.

 Der „Junge auf dem Straßenfest“ wurde 1981 von Gabriele und Helmut Nothhelfer fotografiert.

Der „Junge auf dem Straßenfest“ wurde 1981 von Gabriele und Helmut Nothhelfer fotografiert.

Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln

Es war wie ein Fausthieb, ein positiver Schock, als wir ins Museum kamen. Wir hatten unsere Sammlung ja nie als Ganzes und in all ihren Bezügen gesehen“, sagt Kurt Bartenbach. 196 der rund 230 Exponate umfassenden Schenkung sind im Museum Ludwig spannend-hintersinnig gehängt und spiegeln die überwältigende Qualität dieser Kollektion.

„Sie sehen einen sehr glücklichen Museumsdirektor vor sich“, sagt Yilmaz Dziewior, und auch seine Kuratorinnen Barbara Engelbach und Miriam Halwani freuen sich über viele geschlossene Lücken. Kaum zu glauben, aber wahr: „Wir hatten überhaupt nichts von Walker Evans“, sagt Halwani. Dem wird nun gründlich abgeholfen, wie die Bartenbach-Schau „Doing the Document“ zeigt.

Da gibt es mit dem Porträt des hageren, gleichwohl stolzen Landarbeiters Bud Fields ein starkes Zeugnis der „Großen Depression“, daneben abgekämpfte U-Bahn-Passagiere, kleinstformatige Stadtansichten – und etwas Einzigartiges: eine Serie von Gladiolen (1929), die Walkers Vater züchtete. An der gegenüberliegenden Wand ein ebenso einzigartiger August-Sander-Zyklus: Gesichtsstudien, die der große Lichtbildner von sich und seinen Töchtern machte – ein Jahr vor Evans' Blumenbildern.

Der Amerikaner gestand später, wie sehr ihn Sander geprägt hat, der hier auch mit seinen typischen Bauernpaaren, Töpfermeistern und anderen Porträts auftrumpft. So sind beide Fotografen die Eckpfeiler einer Bilderbrücke vom Rheinland in die USA. Zu den frühen Zeugnissen zählen dabei die Ansichten der kriegsversehrten und wieder aufgebauten Domstadt von Hugo und Karl Hugo Schmölz.

Gabriele und Helmut Nothhelfer spiegeln in ihren Besuchern von Automessen oder Straßenfesten die gesellschaftlichen Verwerfungen der 70er und 80er Jahre. Was gut zu Lee Friedlanders raffinierten Spiegelbildern aus dem US-Alltag passt. Oder zu Garry Winogrands Pseudoschnappschüssen, denen oft jene Mitte fehlt, die auch in den USA der 60er Jahre erodiert. So blitzt ganz am Rand einer Ballszene die blanke Brust einer Tänzerin auf.

Diane Arbus ist ein weiterer Star des Parcours. Mit ihren Exzentrikerporträts nahm sie Tiefenbohrungen der amerikanischen Seele vor, hielt sich etwa ein Jahr im Washington Square Park auf, um dann dort das vertrotzte Mädchen mit Zigarre einzufangen.

Von Arbus über Karl Blossfeldt, David Hockney, Albert Renger-Patzsch, Wolfgang Tillmans – der Isa Genzken als „Isa Mona Lisa“ zeigt – bis zu Piet Zwart wird hier der Kanon der modernen Fotografie durchbuchstabiert. Wobei an jeder Wand Überraschungen warten: Wer wusste schon, dass Lee Friedlander auch Blumenstiele in durchsichtigen Vasen abgelichtet hat?

Drei Jahre ließ sich das Museum mit der Aufarbeitung der Sammlung Zeit. Und das sieht man: Da führen die Kiosk–Impressionen von Tata Ronkholz ein schräges Zwiegespräch mit den urbanen Werbewüsten von Max Regenberg, der das „Marlboro County“ ausgerechnet im Sperrgebiet findet. Und Boris Beckers S-Bahn-Studien vertragen sich bestens mit Candida Höfers profaner Garderobe aus Salzburgs Schloss Mirabell. Eine schönere Schule des Sehens lässt sich kaum denken.

Ab Freitag bis zum 6.1. 2019, Di-So 10-18, jeden 1. Do 10-22 Uhr. Katalog im Museum 25, im Buchhandel 29,80 Euro. Heinrich Böll-Platz. Internet: www.museum-ludwig.de

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