Der ewige Mutbürger Konstantin Wecker in der Kölner Philharmonie

Köln · „Poesie und Widerstand“: Konstantin Wecker gibt ein gefeiertes Konzert in der gut besuchten Kölner Philharmonie. Sein Mantra: Empört Euch!

 Konstantin Weckers Mantra: Empört Euch! .

Konstantin Weckers Mantra: Empört Euch! .

Foto: Thomas Brill

Es ist erst die Ouvertüre, doch in die legt Konstantin Wecker schon alle Kraft, Wut und Leidenschaft als wäre sie bereits das Finale. Mit der „Willi 2.0“-Fassung seines vor 50 Jahren geschriebenen Klassikers offenbart Wecker seine tiefe Frustration über die aktuellen politischen Verhältnisse, an denen sich während des vergangenen halben Jahrhunderts nicht allzu viel geändert habe.

Radikal und zugleich poetisch wettert er gegen den Neoliberalismus, dessen Habgier und Egoismus alle menschlichen Werte negiert. War es bei den 68ern die Auseinandersetzung mit den Nazi-Eltern, so sei es heute AfD-Gaulands „Vogelschiss“, der die Nähe zur Nazi-Diktion und das Wiedererstarken der „braunen Brühe“ entlarve.

Mit einem aktualisierten Programm seiner „Poesie und Widerstand“-Tour, mit der der 71-jährige musikalische Mutbürger nach einem Jahr erneut in der Kölner Philharmonie, die diesmal jedoch nicht ganz ausverkauft ist, ein Konzert gibt, präsentiert sich der einstige Liedermacher-Macho nunmehr als „mit 50 erst erwachsen gewordener“ Vater.

Doch nicht nur seinen Söhnen, Valentin und Tamino, vielmehr allen Fans will er Mut für den ganz persönlichen Weg, der selten ganz ohne Widerstand auskommt, machen. Den Mut, den eine noch viel zu häufig schweigende Mehrheit braucht, um sich gegen falsche gesellschaftliche Weichenstellungen, die sich gegen schwächere Menschen und die Natur richten, zu wehren.

Wecker kommt nicht umhin, häufig die gleichen Schlagworte zu bemühen, aber niemand verpackt diese so gekonnt in Poesie zwischen Novalis und Antoine de St. Exupéry, mit Zitaten der Theologin Dorothee Sölle oder des Physikers Hans-Peter Dürr. Stéphane Hessels „Empört Euch!“ zieht sich inhaltlich wie ein roter – das ist auch politisch zu verstehen – Faden durch das Programm, in dem auch immer wieder Ironie aufblitzt. Das anrührende Liebeslied eines reifen älteren Herrn verpackt er in beschwingte Reggae-Rhythmik.

Musikalisch wird er bei dem rund dreistündigen Konzert von einem Quintett exzellenter Multiinstrumentalisten (Gitarren, Cello, Geigen, Schlagzeug, Perkussion, Bass und Piano) begleitet, deren musikalischer Leiter Jo Barnikel mit verblüffender stilistischer Vielfalt zwischen Chanson, Jazz, Blues, Rock, Folk und klassisch orientierten Arrangements immer wieder überrascht.

Wecker träumt beharrlich von einem anderen Deutschland, einem Land in dem Teilhabe und Solidarität keine Vokabeln aus Sonntagsreden, sondern praktizierte Staatsräson, besser Staatsleitbild, sind.

„Das Leben will nicht marschieren, sondern tanzen“, singt er und schafft es tatsächlich, Widerstand nicht nur mit Poesie, sondern auch mit Lebenslust zu verbinden. Nach dem frenetischen Applaus gibt es in der Kölner Philharmonie noch einige Zugaben..

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