Konzert in der Kölner Philharmonie Hilary Hahn gelingen Wunderdinge auf vier Saiten

Köln · Die amerikanische Geigerin brilliert in Sergej Prokojews erstem Violinkonzert. Das Philharmonia Orchestra London spielt unter Paavo Järvi außerdem Beethoven und Rachmaninow.

 Händchen für Prokofjew: Hilary Hahn.

Händchen für Prokofjew: Hilary Hahn.

Foto: Leeuwen

In Zürich warten sie sehnsüchtig auf den Dirigenten Paavo Järvi, der in der nächsten Saison Chef des Tonhalle Orchesters werden wird. Und schon jetzt, bei einem seiner gelegentlichen Besuche dort, fragte ein Kritiker der „Neuen Zürcher Zeitung“ vor einigen Tagen perplex: „Ja, ist das überhaupt noch dasselbe Orchester?“ Tatsächlich ist der aus Estland stammende Järvi ein Dirigent, den die Musiker lieben. Er ist präzise, zugewandt und flexibel genug, um sich auf Orchester ganz unterschiedlicher Größe und Historie einzustellen. In der Kölner Philharmonie gastierte er am Dienstagabend mit dem Philharmonia Orchestra London, einem der Spitzenensembles von der britischen Insel.

In Ludwig van Beethovens Coriolan-Ouvertüre war zu vernehmen, dass Pärvi seine Kompetenz für diesen Komponisten nicht nur mit der kleiner besetzten Deutschen Kammerphilharmonie Bremen ausleben kann, deren gemeinsamer Beethoven-Zyklus Maßstäbe setzte, sondern auch mit einem großen Orchester. Die Akzente kamen pointiert und ausdrucksstark, ohne zu massiv zu wirken. Und die leisen Pizzicatotöne am Ende waren so gefühlvoll hingezupft, dass einem der Atem stockte.

Für Sergei Prokofjews erstes Violinkonzert gesellte sich die amerikanische Geigerin Hilary Hahn zu Järvi und den Musikern aus London. Eine bessere Wahl hätte man kaum treffen können, weil die Amerikanerin genau die richtige Mischung aus Herz, Leidenschaft und technischer Brillanz mitbringt, die Prokofjews Musik einfordert. Großartig, wie sie die Glissandi, Doppelgriffe und Pizzicati meisterte, mit virtuoser Hand den Bogen führte und dabei den Klangfarbenreichtum ihres Instruments perfekt zur Geltung brachte. Gerade im rasanten Scherzo konnte man diese Wunderdinge bestaunen. Im ersten Satz beeindruckte sie darüber hinaus mit der Gestaltung der Übergänge, die ihr im fein ausbalancierten Zusammenspiel mit Järvi und dem Orchester gelang. Nach dem Finalsatz, in dem Hahn und das Orchester noch einmal fulminant aufspielten, brandete Hahn in der gut besuchten Philharmonie begeisterter Applaus entgegen, für den sie sich mit dem wunderschön innig gespielten Andante aus Bachs Solosonate in a-Moll BWV 1003 bedankte.

Es blieb russisch auch in der zweiten Konzerthälfte: Da nämlich stand die zweite Sinfonie in e-Moll von Sergej Rachmaninow auf dem Programm, ein etwa einstündiges episches Schwergewicht, das von Järvi jedoch klug strukturiert und klanglich-dramaturgisch aufbereitet wurde. Die Musiker folgten seinen Anweisungen sehr genau, die Hörner ebenso wie die Soloklarinette, die ihren Auftritt im dritten Satz wunderbar gestaltete. Die stark geforderten Streicher ließ er klanglich aufblühen, ohne dass die beinahe hollywoodreifen melodischen Schwärmereien des Adagios allzu kitschig erklangen. Erneut großer Beifall für die Ausführenden. Järvi ließ zum Dank die Stimmen von Jean Sibelius' „Valse triste“ auflegen, die sie mit nordischer Melancholie, aber auch dynamisch effektvoll intonierten.

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