Klaas Heufer-Umlauf und Mark Tavassol Gemeinsam sind sie Gloria - Wieso die beiden zusammen arbeiten

BONN · Klaas Heufer-Umlauf kennt man sonst als Klassenclown bei ProSieben, etwa als Dompteur im "Circus Halligalli". Jetzt überrascht er mit einem Album voller zärtlich-melancholischer Songs - ein Gemeinschaftswerk mit Wir sind Helden-Bassisten Mark Tavassol.

 Sind gute Freunde: der Fernsehstar Klaas Heufer-Umlauf und der Musiker Mark Tavassol von der pausierenden Band Wir sind Helden.

Sind gute Freunde: der Fernsehstar Klaas Heufer-Umlauf und der Musiker Mark Tavassol von der pausierenden Band Wir sind Helden.

Foto: Erik Weiss

Und jetzt singt er auch noch. Und gar nicht mal schlecht. Mit seinem Freund Mark Tavassol, dem Gitarristen und früheren Bassisten der Band Wir sind Helden, gründete der Fernsehmoderator Klaas Heufer-Umlauf die Band Gloria. Das Debütalbum ist gerade erschienen, am 7. Dezember sind sie live im Kölner Gloria zu hören.

Mark, mit der Band Wir sind Helden haben Sie doch eigentlich bewiesen, dass Sie Wert auf gute Musik und auch auf einen guten Umgang legen. Wie sind Sie denn da an Klaas Heufer-Umlauf geraten?
Mark (lacht): Ich kenne Klaas ja schon lange, und zwar privat und abseits von allem Medialen. So wie jeder Mensch hat auch Klaas verschiedene Seiten. Eine davon ist diese humorvolle, die er als Teil von Joko und Klaas als Marke auch bewusst lebt. Wenn man ihn privat kennt, dann weiß man, dass das nicht alles sein kann, was er da vor der Kamera auslebt.

Er musste Sie also nicht mit dem Elektroschocker zwingen?
Mark (lacht): Nein, und es ist auch nicht so, dass man bei ihm erst das System runterfahren und wieder hochfahren muss, um etwas Ernsthaftes mit ihm anzugehen. Seit wir die Platte rausgebracht haben, wird mir auch klar, dass die Medien vor allem diese Seite von ihm sehen.

Scherz beiseite: Woher kennen Sie sich?
Mark: Aus Hamburg. Ich bin ja die ganze Zeit über - auch wenn Wir sind Helden als Berliner Band galt - in Hamburg geblieben. Und Klaas hat ja auch nie ein Hehl daraus gemacht, dass er eher unfreiwillig in Berlin lebt und Hamburg seine Lieblingsstadt ist. Eine Zeit lang hatte er eine Freundin in Hamburg, und irgendwann haben wir uns über Bekannte getroffen.

Sie haben sich also nicht über Viva oder MTV kennengelernt?
Mark: Nee, wir sind uns beruflich nie über den Weg gelaufen. Wir lernten uns 2005 kennen, und es wurde eine sehr sporadische und herzliche Freundschaft. Und etwa anderthalb Jahre später haben wir begonnen, miteinander Musik zu machen. Weil die Musik natürlich auch immer ein Gesprächsstoff war. Irgendwann schickte er mir mal eine MP3, auf der er sang, und da dachte ich: Warum sollte man das nicht mal ernsthafter angehen?

Um gemeinsam Musik zu machen, braucht es doch mehr. Wo liegt denn Ihre gemeinsame Wellenlänge?
Klaas: Erst einmal in unserer Freundschaft. Wir sehen viele Dinge ähnlich. Vielleicht hätten wir uns die Frage gestellt, wenn wir uns über die Musik kennengelernt hätten.

Hat Mark auch Ihren Humor?
Klaas: Absolut.

Sie sehen sich also auch seine Sendungen an?
Mark: Klar.

Sie hätten ja auch ein Album mit Joko machen können.
Klaas (lacht laut): Nee, nee.

Wieso? Kann er nicht singen?
Klaas: Nee.

Und eine Gitarre kann er auch nicht halten?
Klaas: Halten schon, aber nicht spielen. Nee, wirklich, ich verbringe wirklich gerne Zeit mit Joko. Aber musikalisch ist er nicht gerade.

Als ich die CD sah und las, wer dahinter steckt, da dachte ich, ehrlich gesagt...
Mark: ...noch so'n TV-Typ, der singt?

Genau! Ich war aber tatsächlich doch ganz angetan.
Mark: Na ja, wir haben natürlich geahnt, das man uns mit unseren anderen Dingen vergleichen wird - mich mit der Musik von Wir sind Helden, Klaas mit seinen Fernsehprojekten. Bei Klaas ist es ja auch noch so, dass er sich vollkommen Genrefremd als Künstler präsentiert. Und dann auch noch in einer Art und Weise, womit keiner rechnet.

Sparsamer Bass, bisschen Hihat, dezente Akkorde, ein melancholischer Text und eine Melodie, die gut ins Ohr gehen und wirklich berühren - das ist der Song "Gute Nacht, bis morgen", das zweite Stück auf der CD. Ich habe, um offen zu sein, gleich gedacht: Das kann doch nicht dieser Spaßvogel sein, der in Sendungen wie "Circus Halligalli" und "Das Duell um die Welt" persönliche Schmerzgrenzen austestet? Klaas, wie passt das zusammen?
Klaas: Für mich passt das sehr gut zusammen. Die, die mich kennen, wundern sich auch nicht drüber. Aber natürlich ist in so einem Format, mit dem mich viele kennen, überhaupt kein Platz für diese Seite. Ich hätte das Album wahrscheinlich ebenso mit spitzen Fingern aus dem Umschlag genommen, weil ich diese Erwartung, die man daran hat, schon nachvollziehen kann. Umso besser finde ich, wenn die Musik dann für sich stehen kann.

Also nicht wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde? Hier der sensible Klaas Heufer-Umlauf, dort der Holzklotz, der ganz gern mal die Grenzen des guten Geschmacks testet und seine Schadenfreude auslebt.
Klaas: Doch, klar! (lacht) Auf dem Album geht's ja nicht um Trauer, Einsamkeit und Depression, sondern um Melancholie. Und das ist doch eine Grundstimmung, die man parallel haben kann. Also Leute, die immer nur gut drauf sind, die mit Scheuklappen durch die Welt laufen und sich überhaupt keinem melancholischen Gedanken hingeben können, die machen mir wirklich Angst.

Woher kommt denn diese spezielle, ja irgendwie urbane Melancholie auf dem Album? Im Kopfkino sieht man nassen Straßenasphalt, sich darin spiegelnde Neonlichter.
Klaas: Wir schreiben keinen Song, wenn wir das Gefühl haben, das ist den Gedanken nicht wert. Wir haben die Songs ja nicht aus therapeutischen Gründen geschrieben, wir mussten uns nicht irgendwas von der Seele schreiben. Es ist eher so, dass ich über einen Song einen Gedanken bis in den letzten Winkel zu Ende denken will.

Zum Beispiel?
Klaas: Es gibt ja tatsächlich jede Menge Hymnen auf Städte wie Berlin oder das junge, verrückte Leben. Aber sie erzählen eben nur die halbe Wahrheit. Und darum geht's etwa in "Mein eigenes Berlin".

Es sind wirklich schöne Texte dabei. In diesem Song heißt es: "Weil ich nachts nicht mehr schlafen geh'/ schweigst Du mich an /ich schweig zurück /Du bist mein eigenes Berlin". Oder: "Ich steh dir nur im Weg / Mach dich nach und nach verrückt / Gefährlich und ehrlich / Eine Welt die es nicht gibt". Wie entsteht so was? Gibt es eine Aufgabenteilung?
Klaas: Das wär schön, wenn wir die hätten. (lacht) Das funktioniert leider nach dem Prinzip Chaos und dem Prinzip Hängen und Würgen. Wir diskutieren alles ewig aus. Einer von uns hat eine Textidee, dann muss man die ausformulieren. Mark hat dann vielleicht eine musikalische Idee, die meiner Vorstellung nicht ganz entspricht, und dann sitzen wir mit strubbeligen Haaren und diskutieren.

Hört sich nach Arbeit an.
Klaas: Ja, aber wenn es dann irgendwann knackt und beide sagen können: Das war's jetzt, dann liegen wir uns in den Armen.

Dabei klingt das Album nach: Machen wir mal eine schöne Flasche Wein auf, zünden ein paar Kerzen an und jammen wir ein wenig.
Klaas: Nee, also die Vorstellung, dass man am Bergsee sitzt, in dem sich der Mondschein spiegelt und irgendwann küsst dich die Muse, das läuft bei uns nicht. Ich finde aber, unsere Methode ist die ehrlichere, weil man sich in so einer Arbeitsatmosphäre nicht so stimmungsabhängig macht.

Mark, manche Stücke klingen ein wenig nach den alten Zeiten von Wir sind Helden. Stecken in Gloria doch mehr "Helden" drin?
Mark: Ich weiß nicht, ob ich das selbst so beantworten kann. Ich mache ja auch noch andere Dinge, schreibe Songs für andere Künstler, produziere und arrangiere, und da kommt tatsächlich schon mal der Punkt, an dem ich denke: Mensch, jetzt bist du doch ganz schön nah dran an deiner alten Band. Aber das können andere vielleicht besser heraushören.

Spielen Sie live auch ein paar Songs von Wir sind Helden?
Mark: Nein, das ist etwas Eigenständiges. Wir wollen bewusst keine Brücke schlagen zu meiner alten Band. Wir bringen aber den einen oder anderen Coversong.

Was denn?
Mark: Zum Beispiel von Depeche Mode "Enjoy The Silence". Und auf unserem Album ist ja schon ein Cover von Enno Bunger drauf, nämlich "Regen".

Mark, Wir sind Helden haben vor einem Jahr erklärt, erst mal pausieren zu wollen. Ist das nur eine diplomatische Erklärung für: Es ist Schluss?
Mark: Nein, es ist tatsächlich so, wie wir es gemeint haben. Wir mussten uns mal kreativ lösen.

Gab es schon Reaktionen der "Helden" zum Album?
Mark: Ja, positive! Jean-Michel war sogar in Hannover bei unserem Konzert, und die anderen werde ich im Berliner Lido treffen.

Macht Sie das nicht nervös, wenn Sie wissen, dass da die alte Band im Publikum ist?
Mark: Bei Jean-Michel war ich es jedenfalls nicht.

Klaas, warum haben Sie eigentlich so lange geheim gehalten, dass Sie wirklich gut singen können?
Klaas: Was heißt "geheim gehalten"? Es war ja nicht so, dass mir die Leute auf den Fersen gewesen sind.

Ich wüsste nicht, dass ich irgendwo mal gelesen hätte, dass Sie eine Band haben.
Klaas: Nein, das stimmt. Ich habe immer mal wieder aus Quatschgründen mal in einer Sendung gesungen. Aber ich rede auch nicht so gerne über unfertige Projekte. Wir haben etwa drei Jahre an dem Album gearbeitet, und mir hat schon gereicht, dass meine Mutter ständig nachgefragt hat, wann wir mal fertig werden.

Sie sind ja auch ziemlich eingespannt mit Ihren Sendungen. Auf die muss ich mal zu sprechen kommen: Wie kommt man eigentlich auf die Idee, solch eine verrückte Weltreise zu machen und dafür zu sorgen, dass seinem Partner der Mund zugenäht wird?
Klaas: Naja, das ist doch ein Wunsch, den viele Leute in einer langen Partnerschaft haben.

Aber man setzt diesen Wunsch ja nicht gleich um.
Klaas: Genau das ist der Unterschied. Bei mir bleibt es nicht bei dem bizarren Gedanken, sondern ich organisiere das. Und wenn ich das Spielfeld der ganzen Welt habe, dann finde ich auch einen, der das macht.

Und wo liegt Ihre persönliche Schmerzgrenze?
Klaas: Die hab ich ja immer mal wieder. Ich mache ja nicht hemmungslos alles mit. Zum Beispiel auf Pentacost in der Südsee, da gibt es so eine Art Ur-Bungee-Springen mit Lianen. Das war mir einfach zu krass. Oder in Südkorea gibt es eine eigenartige Art, Oktopus zu verspeisen. Nämlich lebend. Die schwimmen in diesem Becken, man greift sie sich und beißt hinein. Dort ist es nichts Besonderes, aber ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht.

Dass Sie ein Mensch sind, der seine Prinzipien hat, haben Sie vor anderthalb Jahren bei der Talkshow "Anne Will" bewiesen. Da ging es über die problematische Situation der Altenpflege in Deutschland.
Klaas: Da ging es um den Bundesfreiwilligendienst und die Nöte in der Pflege.

Richtig. Und unter den Gästen war die Frau des Alt-Bundespräsidenten, Barbara Scheel. Die gab da einige Äußerungen von sich, die Sie nicht in Ordnung fanden und haben sie mit den Worten konfrontiert: "Moment mal, haben Sie das gerade gesagt, dass es schwierig ist, wenn ein schwarzer Afrikaner jemanden pflegt?".
Klaas: Ja, ja. Da hat sie die Chance verpasst, elegant ihren Rassismus zu verstecken.

So was mögen Sie nicht?
Klaas: Intoleranz in jeglicher Hinsicht regt mich jedes Mal fürchterlich auf.

Nutzen Sie Ihre Popularität für soziales Engagement?
Klaas: Ja, aber ich finde, man sollte sich auf ein paar wenige Dinge konzentrieren. Ich bin zum Beispiel seit Jahren Mitglied im Verein Junge Helden, der über Organspenden aufklärt. Da haben wir gerade ein Schulungsvideo gedreht. Ich hab vor einigen Jahren mit Markus Kavka und Ole Tillmann den Verein Störungsmelder gegründet. Da geht es um Rechtsextremismus, und wir sind viel in Schulen unterwegs.

Klaas Heufer-Umlauf und Mark Tavasso sind Gloria

Klaas Heufer-Umlauf kennt man. Nicht immer, aber oft ist er im Doppelpack mit Joachim "Joko" Winterscheidt zu sehen. Unter Jugendlichen sind die beiden mit ihren TV-Shows "Circus HalliGalli" und "Joko gegen Klaas - Das Duell um die Welt" längst Kultfiguren.

Der 30-jährige gebürtige Oldenburger hat einen nicht ganz stromlinienförmigen Lebensweg hinter sich. Der gelernte Friseur und Maskenbildner begann seine Schauspielerkarriere am Oldenburgischen Staatstheater und moderierte bei Viva und MTV. Einem breiteren Publikum fiel er wohl erst am 9. November 2009 auf, als er zusammen mit Thomas Gottschalk und Guido Knopp die ZDF-Übertragung der Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag des Mauerfalls moderierte.

Mark Tavassol, 39, war Bassist der Band Wir sind Helden. Von Beruf Arzt ist er auch Gitarrist, Songwriter und Produzent etwa für Olli Schulz, Emma6, Fertig, los! und Pohlmann.

Das Konzert findet am Samstag, 7. Dezember, 20 Uhr, im Gloria, Apostelnstraße 11, 50667 Köln, statt. Tickets gibt es bei Bonnticket und in den GA-Geschäftsstellen.

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