Richard O'Brien's Rocky Horror Show Gegen Strapse ist kein Kraut gewachsen

KÖLN · Manche Dinge ändern sich nie. Andere Dinge ändern sich durchaus. Wenn, ganz egal, wo auf der Welt, "Richard O'Brien's Rocky Horror Show" zur Aufführung kommt, dann kann man davon ausgehen, dass im Publikum jede Menge seltsam gekleidete Menschen sitzen.

 Zirkusdirektor und Zicke, Macho und Mephisto, Tussi und Teufel: Rob Fowler (vorne rechts) in der Rolle des charismatisch-androgynen Dr. Frank N. Furter.

Zirkusdirektor und Zicke, Macho und Mephisto, Tussi und Teufel: Rob Fowler (vorne rechts) in der Rolle des charismatisch-androgynen Dr. Frank N. Furter.

Foto: Costa Belibasakis

Sie sehen aus wie rothaarige Serviererinnen, die zum kurzen Schwarzen ein weißes adrettes Spitzenhaarkränzchen und ein eben solches Spitzenschürzchen tragen. Sie gefallen sich in knappen Korsagen und glitzernden Zylindern, führen Glatzenattrappen mit bis auf die Brust hängenden gelben Haaren aus oder staksen mit muskulösen Beinen, die in High Heels, geschätzte Schuhgröße 45, enden, auf ihre Plätze. So auch Donnerstagabend in der Philharmonie, wo das Musical über Außerirdische, Sex und Rock 'n' Roll das "28. Kölner Sommerfestival" eröffnete.

Seit ihrer Uraufführung 1973 in einem kleinen alternativen Theater in London und der nachfolgenden Low-Budget-Verfilmung ein Jahr später, hat die "Rocky Horror Show" eine erstaunliche Erfolgsgeschichte hingelegt. Teil dessen ist die Interaktion mit dem Publikum: passend zur Szene wird Reis geworfen, Wasser aus Pistolen gespritzt oder eine Zeitung entfaltet, Karten und Klopapierrollen fliegen durch die Luft, Wunderkerzen flammen auf.

Nun ist die Philharmonie aber nicht irgendeine abgefahrene Bühne von vor 40 Jahren, sondern Kölns gute Stube. Was der Konzertkarten-Aufdruck "Kein Horror für den Konzertsaal! Lebensmittel, Feuer, Flüssigkeiten sind hier tabu! Danke für Ihr Verständnis!" allen klar macht, die das nicht gewusst haben wollen. Trotz dieser Restriktionen wird es eine tolle Premiere. Gegen Strapse ist kein Kraut gewachsen.

Mit Pause und diversen Zugaben dauert das Musical nur knapp zwei Stunden. Ist aber auch so äußerst kurzweilig. Dafür sorgen - neben der eigentlichen Geschichte, in der ein junges, naives Paar in die Fänge von äußerst lebensfrohen Aliens gerät - auch die exzellenten Hauptdarsteller.

Allen voran Rob Fowler in der Rolle des charismatisch-androgynen Dr. Frank N. Furter. Fowlers Stimme ist so gewaltig, dass er auch gut und gerne auf einer Opernbühne stehen könnte. Und seine Darstellung - die zwangsläufig Vergleiche mit Tim Curry nach sich ziehen muss, der 1975 auf der Leinwand diesen Part verkörperte - eine furiose charakterliche Wundertüte. Fowlers Frank ist Zirkusdirektor und Zicke, Macho und Mephisto, Tussi und Teufel. Wenn er, auf Deutsch, das Wörtchen "Geduld" silbisch gaaanz langsam zerdehnt, dann ist das purer Sex und der Saal tobt.

Auch Harriet Bunton (Janet) und David Ribi (Brad) gebührt Lob. Hannah Cadec als Columbia leistet Erstaunliches, was die hohen Töne angeht, der heimliche Liebling des Publikums ist Charles Brunton als Dr. Scott. Sky du Mont als Erzähler wehrt sich inzwischen wacker gegen das Publikum. Das, dem Rocky-Ritual gemäß, jeden seiner Aussprüche mit "boring" (langweilig) quittieren muss. Seine Repliken wie "Als wär' ich der Finanzminister von Griechenland" kommen gut.

Verglichen mit der letzten Kölner Inszenierung im Herbst 2014 in der Lanxess-Arena ist die Philharmonie viel intimer. Fast ein bisschen so wie damals im kleinen Westend-Theater. Auch ganz ohne Lebensmittel, Feuer und Flüssigkeiten. Aber all das war damals auch noch nicht Pflicht.

Weitere Vorstellungen: Di. bis Fr. 20 Uhr, Sa. 15 und 20 Uhr, So. 14 und 19 Uhr. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort