Anna Netrebko in der Kölner Philharmonie Ganz große Oper

Köln · Starsopranistin Anna Netrebko begeisterte mit ihrem Ehemann Yusif Eyvazov in der ausverkauften Kölner Philharmonie.

 Im Arien-Taumel: Anna Netrebko und ihr Gatte Yusif Eyvazov begeistern ihr Publikum in der Kölner Philharmonie.

Im Arien-Taumel: Anna Netrebko und ihr Gatte Yusif Eyvazov begeistern ihr Publikum in der Kölner Philharmonie.

Foto: Thomas Brill

Große Oper gab‘s an diesem Abend in der ausverkauften Philharmonie. Weltstar Anna Netrebko kam, und die Fans zahlten gerne die bis fast 200 Euro teuren Kartenpreise des privaten Veranstalters. Seit einiger Zeit macht die russische Sopranistin einen Stimmfachwandel durch. Von Natur aus besitzt sie ja eine lyrisch-füllige Stimme mit der Fähigkeit zu Koloraturen. Mit Mitte vierzig erarbeitet sie sich nun das dramatische Repertoire. Die "Zwischenpartie" Manon von Puccini hat sie in Salzburg gemeistert, in New York bereits Lady Macbeth gesungen. Nun steht sogar die stählerne Turandot auf ihrer Agenda.

In Köln gab es mit "In questa reggia" gleich einen Auszug daraus. Netrebko stellte sich dafür direkt vor die rückwärtigen Holzwände des Konzertsaals, was ihrer Stimme zusätzliche Resonanz gab. So überstrahlte sie das begleitende Tschechische Nationale Symphonieorchester. Sicher kein Top-Klangkörper wie auf ihren CDs, aber der italienische Dirigent Jader Bignamini führte erfahren und von der Lautstärke her sängerfreundlich durch die Musik, setzte in zwei Verdi-Ouvertüren ("Forza", "Nabucco") und dem Intermezzo aus "Manon Lescaut" eigene Akzente.

Stillstehen und nur singen kann sie nicht

Die Stimme der Netrebko ist luxuriös flutend, in der Höhe immer noch angenehm abgerundet. Zu Recht ist sie so begehrt. Ihre tiefe Lage hat fast das Timbre eines Mezzos. Die Stimme ist gereift und vibriert deutlich mehr. Zusätzlich pusht Netrebko das Volumen durch ihre Stimmtechnik. So ist sie in der Lage, hochdramatische Partien zu erklimmen, ohne eigentlich die rechte Stimme dafür zu haben. Sie passt die Rollen ihrem Naturell an, entdeckt in der chinesischen Prinzessin Turandot das Menschliche und nicht das abweisend Kalte.

In den gebotenen Arien des italienischen "Verismo" - so auch der Titel ihrer aktuellen CD - zeigte sie sich als Sänger-Darstellerin. Die Philharmonie wurde zur Opernbühne. Stillstehen und nur singen kann sie nicht. Sie spielt, tanzt und gestikuliert ihrer Rollen. Ihre wehenden Roben helfen ihr dabei. Die beiden "Hammer-Arien" der neuen CD, "La Mamma morta" (Giordano) und "Suicidio!" (Ponchielli), sang sie live aber nicht. Vielleicht, da sie jeder Opernfan mit der wirklich hochdramatischen Maria Callas im Ohr hat?

"Cantami" als letzte Zugabe

Mascagni, Leoncavallo, Cilea und Catalani waren weitere Komponisten des Programms, das Netrebko mit Ehemann und Tenorpartner Yusif Eyvazov bestritt. Die beiden sind privat ein sympathisches Traumpaar, stimmlich passen sie aber nicht zueinander - wenn man an Netrebkos zurückliegenden Duopartner wie Rolando Villazon denkt. Eyvazov besitzt eine kernig-potente Tenorstimme, die er aber angestrengt in die Höhe presst und Mezzo-voce-Partien nur heiser-kehlig zu singen vermag. Das schlagerhafte Duett "Cantami" schmetterten beide als letzte Zugabe freilich wirkungsvoll durch den Saal.

Davor bewies Netrebko endlich ihre gerühmten feinen, leisen Qualitäten. Die kurze Puccini-Arie "O mio babbino caro" mit einer himmlisch lang ausgehaltenen Fermate auf dem letzten "pietà" war zauberhaft.

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