Konzert in Düsseldorf Bryan Ferry: Noch immer Charmeur und Gentleman

Düsseldorf · Bryan Ferry begeistertet mit einem großartigen Auftritt in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle. Standing Ovations hätte er spätestens nach Stück Nummer zwei verdient: "Slave to Love". Eine konzertkritik von Susanne Schramm.

 "More than this": Bryan Ferrys Stimme ist noch immer Klang gewordene Verführung.

"More than this": Bryan Ferrys Stimme ist noch immer Klang gewordene Verführung.

Foto: Thomas Brill

Ein bisschen dröge sind sie ja schon. Aber wenn sie sich erst einmal aufgerafft haben – beim drittletzten Stück vor Ende des offiziellen Teils –, dann beweisen die Düsseldorfer Standvermögen. Nach „Love Is the Drug“ setzt sich in der bestuhlten Mitsubishi Electric Halle keiner mehr hin. Und das bleibt dann bis zur dritten Zugabe um 22.35 Uhr so.

Dabei hätten Montagabend Bryan Ferry und seine grandiose Band die Standing Ovations schon spätestens nach Stück Nummer zwei verdient. Ganz lässig haut der 71-Jährige da mit „Slave to Love“ vor rund 2600 Fans einen seiner größten Solo-Hits raus.

Die Grandezza muss man erstmal besitzen. Gut 90 Minuten lang erweist sich der Brite, der nicht nur als Solo-Künstler, sondern schon zuvor als Sänger von Roxy Music einen immensen Erfolg verbuchen konnte, als durchweg souverän. Hier steht einer, der sich (und anderen) längst nichts mehr beweisen muss. Auch nicht bei den Songs, die eigentlich von anderen stammen, wie „Let's Stick Together“ (Wilbert Harrison) oder „Jealous Guy“ (John Lennon). Weil er es war, der ihnen zu neuer Blüte verhalf.

Auch eine aufwändige Bühnenshow hat Ferry nicht nötig. Es genügen ein paar Scheinwerfer, die die Bühne in samtrotes, magentafarbenes oder smaragdgrünes Licht tauchen, seine (immer noch) höchst verführerische Stimme und so delikate Hits wie „More Than This“ oder „Avalon“. Seinem Ruf als Dandy, Charmeur und Gentleman wird er dabei locker gerecht. Und die grauen Schläfen sind dem womöglich sogar noch förderlich.

Ab und zu greift er sich, in bester juveniler James-Dean-Manier, an die Revers seines Jackets und zieht sie unterm Kinn zusammen. Eine äußerst wirkungsvolle Geste, die heroische Einsamkeit assoziiert, und die bei den Damen im Publikum für Sternenaugen sorgt. „Girl, you drive me crazy, why you never come around, now you're such a lady, why your feet don't touch the ground”, singt Ferry, einlullend, klagend und fordernd zugleich, und wiegt sich dabei sanft in den immer noch schlanken Hüften. Plötzlich sind die Ladies alle wieder Mädchen, so wie damals, vor 30 Jahren, als in irgendeiner Stadt, in irgendeiner Disco, auf irgendeiner Tanzfläche, „Zamba“ erklang.

In die Blicke ihrer Begleiter mischt sich indes leichter bis mittelschwerer Neid. Teils sind sie im gleichen Alter wie Ferry und fragen sich, wie der das hinkriegt, immer noch so verdammt gut auszusehen. Gäbe es das am Merchandise-Stand zu kaufen – sie zögerten keinen Moment lang. Aber da gibt es bloß T-Shirts und dergleichen. Phiolen mit Jungbrunnenwasser gehören nicht zum Angebot. Pech.

Mitunter setzt sich der hochgewachsene Sänger auch ans Keyboard. Bei der ersten Zugabe „Let's Stick Together“ greift er zur Mundharmonika oder spitzt die Lippen, wenn das wehmütige Pfeifen dran ist, das den „Eifersüchtigen Kerl“ noch immer unverkennbar als solchen ausweist.

Ebenso wenig wie raffinierte Bühneneffekte sind häufige Kostümwechsel das Ding von Ferry. Nur einmal – während vier seiner Musiker Gelegenheit haben, ihre solistischen Qualitäten unter Beweis zu stellen – verlässt er kurz die Bühne, um sich umzuziehen. Auch Männer, die Seidenjacketts tragen können, die verschwenderisch mit Blumen bestickt sind, ohne dabei an Sofabespannungen denken zu lassen, gibt es nicht allzu viele.

Einziges Manko an diesem ansonsten so ganz und gar wunderbaren Abend: In Düsseldorf gab es eine Zugabe weniger als beim deutschen Tourauftakt am vergangenen Samstag in München. Ein kleines bisschen länger seufzen und in alten Zeiten schwelgen zu dürfen, wäre schon schön gewesen.

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