Konzert in Köln Annenmaykantereit leben ihren Traum

Köln · Zweimal Palladium, zweimal ausverkauftes Haus: Die Kölner Band Annenmaykantereit beendete am Wochenende ihre Tour in ihrer Heimatstadt - und kann ihren Erfolg offenbar noch immer nicht ganz glauben.

 Frontman Henning May beim Konzert in Köln.

Frontman Henning May beim Konzert in Köln.

Foto: Thomas Brill

Es ist fast alles gesagt worden über Annenmaykantereit, die bekannteste unbekannte Band Deutschlands, der man förmlich bei der Entwicklung von Straßenmusikern über gefeierten Geheimtipp bis zu den neuen Stars am deutschen Pop-Rock-Himmel zusehen konnte. Nach dem Erfolg mit ihrem Debütalbum „Alles nix konkretes“ (Platz eins der Albumcharts) haben die vier Kölner am vergangenen Wochenende die schon Monate im Voraus restlos ausverkaufte Tour in ihrer Heimatstadt beendet. Zweimal Palladium - zweimal, na klar, ausverkauft: 8000 Fans. „Das größte Publikum, vor dem wir je gespielt haben“, sagt Frontman Henning May. Die Menge jubelt. Es wirkt so, als wisse die Band noch immer nicht so recht, wie ihr gerade geschieht.

Trotz des Hypes und der vielen Menschen in der alten Industriehalle, schaffen es Annenmaykantereit in ihren besten Momenten, die intime Atmosphäre, die ihre Musik meist braucht, ins Palladium zu retten. Bei Songs wie „Oft gefragt“, dem ersten kleinen Hit der Jungs aus dem Stadtteil Sülz; „Pocahontas“, der ersten Single des Debüts; und vor allem bei dem Youtube-Erfolg „Barfuß am Klavier“, singt das komplette Publikum mit und wird zu einer seligen Einheit aus jungen Nachempfindern und älteren Wiedererinnerern.

Reibeisenstimme, schnörkellose Musik und berührende Herzschmerz-Texte – das Rezept von Annenmaykantereit könnte einfacher nicht sein. Sowohl Instrumentierung als auch die Worte sind so gestrickt, dass generationenübergreifend Konsens herrscht: Diese Band ist echt. Es kommt kein Ton von der Bühne, den man nicht zuordnen kann, kein technischer Schnickschnack oder besondere Outfits lenken von dem ab, was hier zählt: Die authentische Kombination von Musik und Inhalt.

In jeder Minute merkt man den vier Mittzwanzigern an, wie überwältigt sie noch immer sind von dem, was sie gerade erleben. Insbesondere Sänger May, hemdsärmelig und im besten Sinne modebefreit, macht das in seinen warmen, fast schüchternen Ansagen klar: „Wir sind dankbar, dass wir wegen euch von unserer Musik leben können. Das war immer unser Traum.“

Nur hin und wieder brechen Annemaykantereit aus dem Herzschmerz-Mikrokosmos aus und sorgen mit dem englischsprachigen „James“ (angelehnt an den Traditional „St. James Infirmary“), der Zugabe „21, 22, 23“, und dem noch recht frischen Song „Krokodil“, einem fragmentartigen Porträt des Tourlebens, für deutlich mehr Bewegung in den engen Reihen.

Wohltuend ist der mehr oder weniger improvisierte Anti-Handy-Song in der Mitte des Sets, in dem May die Menge ultimativ auffordert, die Smartphones in der Tasche zu lassen und sich auf die Musik zu konzentrieren: „Auf Konzerten tanzt man und trinkt Bier.“ Großer Jubel.

Nach der wunderbaren Zeile „Und manchmal sehen wir uns bei Leuten, die wir beide kennen, aber anstatt wegzurennen, schaut man sich heimlich an. Weil man sich nicht mehr kennen lernen kann“ liefert sich May ein Duell mit dem Publikum: „Wohin du gehst“ , schreit der Sänger – „Sagst du nicht mehr“, schallt es ohrenbetäubend laut zurück. Nach ein paar Festivals im Sommer macht die Band erst einmal Pause. Doch als die Fußballfans nach knapp 90 Minuten zum letzten Mal auf dieser Tour die Bühne verlassen, ist eines klar: Sie werden wiederkommen, egal, wohin sie gehen.

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