Weltschmerz und Liebeskummer Sam Smith singt in der Lanxess-Arena in Köln

Köln · Der englische Grammy- und Oscar-prämierte 25-jährige Sam Smith ist der gefühlvollste europäische Soulsänger. Am Wochenende kam er in die Kölner Lanxess-Arena.

 Puristische Show: Sam Smith im Kölner Konzert.

Puristische Show: Sam Smith im Kölner Konzert.

Foto: Thomas Brill

Der junge Mann sieht besser aus als je zuvor. Er ist schlank geworden. Seine Kurzhaarfrisur und sein Dreitagebart geben ihm ein markantes Gesicht. Wer möchte einen Mann wie ihn verlassen? Trotzdem ist es passiert. Als Therapie hat er sein zweites Album gemacht: "The Thrill Of It All". Der englische Grammy- und Oscar-prämierte 25-jährige Sam Smith ist der gefühlvollste europäische Soulsänger. Nun möchte er die USA erobern. Robbie Williams gelang dies trotz aller Versuche nicht. In den englischen und amerikanischen Charts wurde Smiths Album Nummer eins. Ein Herzensbrecher, der auch tief in die Seele des US-Publikums eintaucht.

Er sitzt auf einem Stuhl und beginnt a cappella mit "Burning", seinem "persönlichsten Song". Seine engelsgleiche Stimme, die sich von einem flüsternden Tenor zu einem Falsett hochschraubt, fühlt sich wie ein Samtmantel an. Gospelgruppe und Begleitband kommen später hinzu. Den Mann, um den es im Song geht, möchte er nur für kurze Zeit wiedergewinnen: "Wir könnten wieder rauchen, nur für eine Nacht. Ich verbrenne, seit du gegangen bist." Der Chor gibt Erlösung.

Riesiger Beifall stürmt ihm entgegen. Die Arena steht auf, um bei "One Last Song" mitzuschwingen. Bei "I'm Not The Only One" sind es die Frauen, die die entscheidenden Textzeilen mitsingen. Es ist für Smith der perfekte Augenblick, anzukündigen, dass an diesem Abend trotz aller "depressiven Songs" getanzt werden soll. Überraschend folgt eine Ballade. Die ersten Lichter der Handys gehen an.

Eine puristische Show

Gegen alle multimedialen Überfrachtungen ist seine Show puristisch. Nur ein schmales Dreieck, zu einer Zunge geformt, gibt ihm eine kleine Bühne. Im Hintergrund sind Projektionen von ihm und seiner Band zu sehen. Keine atmosphärische Beleuchtung, bestenfalls ein gleißendes Licht. Trotzdem erreicht er sein Publikum.

Nur an einem Punkt schwingt er sich zu großer Pose auf. "Writing's On The Wall", seinen Oscar-prämierten Song, leitet er mit Piano und Cello ein, um ihn auf einer überhöhten Bühne kraftvoll zu intonieren. Riesenbeifall. Bei der anschließenden Ballade "Latch" (in Zusammenarbeit mit Disclosure) leuchten 15 000 Handys auf und verwandeln die Arena in ein riesiges Lichtermeer. Ein wunderbarer Moment.

Kurz vor dem Ende der Setlist gibt es mit "Him" eines der beeindruckendsten Stücke des Abends. "Ich bin nicht der Junge, den du dir gewünscht hast. Sei nicht wütend, hab Vertrauen in mich." Er wendet sich an Gott und an seinen Vater. Er steht zu seiner Liebe. Ich bin anders. Selbst in Mississippi geht er mit seinem Freund durch die Straßen. Der Gospelchor malt das Bild zur großen Geste aus.

Es sind viele Jugendliche, die in die Arena gekommen sind. Weltschmerz und Liebeskummer sind die Grundgefühle von Smiths Liedern. Aber am Ende steht das Bekenntnis, für sich zu einzustehen. Kein schlechtes Vorbild.

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