Westernhagen in der Lanxess-Arena Ein Abend voller Liebe

Köln · Marius Müller-Westernhagen spielte ein mitreißendes Konzert in der Kölner Lanxess-Arena. Musiker und Fans verschmolzen zu einer sich gegenseitig Energie gebenden Quelle.

 Der Hut steht ihm gut: Marius Müller-Westernhagen im Kölner Konzert.

Der Hut steht ihm gut: Marius Müller-Westernhagen im Kölner Konzert.

Foto: Thomas Brill

Es dürfte nicht allzu oft vorkommen, dass ein Düsseldorfer in Köln mit minutenlangem Applaus und stehenden Ovationen bedacht wird. Marius Müller-Westernhagen darf sich zu dieser seltenen Spezies zählen. Mehr als zwei Stunden stand – oder besser: saß – der 68-jährige Deutschrocker in der Lanxess-Arena in Deutz auf der Bühne und nutzte diese Zeit nicht nur für ein mitreißendes, leidenschaftliches Unplugged-Konzert, sondern auch, um rheinländische Gräben zu überbrücken. „Keine Sorge, der FC steigt nicht ab. Das wird nicht passieren“, rief er seinen Kölner Fans zu und propagierte kurze Zeit später noch zusätzlich: „Rheinländer bleiben Rheinländer!“ Er selbst sei schließlich so etwas wie ein „Bastard“, „quasi ein Mischling“, selbst in Düsseldorf geboren, der Vater jedoch ein waschechter Kölner.

Vor gerade einmal 300 Zuschauern hatte Westernhagen im vergangenen Jahr sein Unplugged-Set für den Musiksender „MTV“ in der Berliner Volksbühne uraufgeführt. Die dabei entstandene CD schoss auf Platz zwei der hiesigen Album-Charts und bereitete dem Musiker so etwas wie einen zweiten Frühling. So gesehen war die Entscheidung Westernhagens vor vielen Jahren, das Angebot des Senders, als erster deutscher Künstler an dem weltberühmten Format mitzuwirken, abzulehnen, absolut richtig.

Nichts wirkte künstlich oder altbacken

Nicht eine Sekunde des Auftritts wirkte künstlich, altbacken oder peinlich. Stimmlich war Westernhagen glänzend aufgelegt, mal ruhig, sonor, dann wieder rau, auf den Punkt genau grollend. Dass dies auch nach 50 Jahren Bühnenerfahrung so reibungslos funktioniert, ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass sich in der Tasse vor ihm nicht mehr der von ihm besungene frühere beste Freund namens „Johnny Walker“ befindet, sondern stimmbänderschonender Tee.

Die von Westernhagen den gesamten Abend über propagierte Liebe war in der Arena fast schon spürbar greifbar. Die von 12 000 Kehlen getragenen Refrains von „Wieder hier“ oder „Freiheit“ erzeugten nicht nur bei den Anhängern Gänsehaut – auch den Künstler selbst nahmen diese Momente sichtlich mit. Mit geschlossenen Augen und einem seligen Lächeln reagierte er auf die Stimmung im Saal. „Wie sollen wir denn jemals zum Ende kommen?“, stellte er einmal halb verzückt, irgendwie aber auch schon halb verzweifelt eine rhetorische Frage in den Raum.

Der tosende Applaus als Antwort konnte nur eines bedeuten: „Am liebsten gar nicht!“ Musiker und Fans verschmolzen zu einer sich gegenseitig Energie gebenden Quelle. Sie erzeugten jene Energie, die es laut Westernhagen braucht, damit ein Konzert überhaupt funktionieren kann.

Auf der Bühne selbst kam die Liebe vor allem durch die Verstärkung, die der Musiker zwischenzeitlich durch seine Lebenspartnerin Lindiwe Suttle erhielt, zum Vorschein. In Köln sang das seit diesem Sommer verheiratete Paar gemeinsam „Luft, um zu atmen“, „Weil ich dich liebe“ und „Durch deine Liebe“. Das kam weitaus weniger schmalzig herüber, als es sich im Nachhinein vielleicht lesen mag. Gleiches galt auch für die oft mit Violinen, Flöten oder Steelgitarre neu arrangierten Stücke. Bis zu 13 Musiker waren zwischenzeitlich gleichzeitig auf der Bühne. Überladen wirkte aber keines der Lieder. Eine Kunst für sich, die mit Bravour gemeistert wurde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Salman Rushdies Antwort auf den Hass
„Knife“: Das Buch über die Messerattacke Salman Rushdies Antwort auf den Hass
Zum Thema
Aus dem Ressort