Tour de France in Düsseldorf 15 000 Fans erleben Konzert von Kraftwerk

Düsseldorf · Die Kult-Elektroniker sind auch Freunde des Radsports und treten zum Auftakt des größten Radrenn-Spektakels der Welt mit einem gigantischen Konzert in ihrer Düsseldorfer Heimat auf.

 Freunde des Radsports: Kraftwerk beim Konzert im Ehrenhof.

Freunde des Radsports: Kraftwerk beim Konzert im Ehrenhof.

Foto: Thomas Brill

Die Kuppel der Tonhalle erhebt sich wie ein Ufo aus oxidiertem Kupferblech über der großen Bühnenleinwand. In deren Mitte pulsiert das gelbschwarze Warnzeichen für Radioaktivität. Es sendet Strahlen aus, die sich fortpflanzen. Sie dehnen sich über die beiden kleineren Leinwände rechts und links aus, und dann, in einer weiteren Verlängerung, schraffieren sie auch die beiden anderen kleineren Leinwände im hinteren Ehrenhofbereich. Der Brunnen am Kunstpalast schießt seine Fontäne in den Abendhimmel. Wasserperlensprühregen. Auf der Umrandung des Beckens glühen die Milchglaslampen wie ein Ring aus grünen Planeten und ein blasser Mondschnitz geht über 15 000 Menschen auf.

Bilder wie dieses werden sie nie vergessen. Es wird sie an den Tag erinnern, als Kraftwerk in der Stadt ihrer Gründung auftraten. An dem Tag, als die Tour de France – zum vierten Mal überhaupt in ihrer über 100-jährigen Geschichte – in Deutschland startete. Um dort unter anderem ihr Stück „Tour de France“ zu spielen. Ihre Hommage an das berühmteste Radrennen der Welt. Mithilfe von 3D-Brillen und dem Schauplatz Ehrenhof wird ein Gesamtkunstwerk daraus. Kraftwerk vergangenen Samstag in Düsseldorf, das ist ein Ereignis, von dem man noch lange sprechen wird, mit dem ehrfürchtigen Zusatz: „Du warst da?“

Liebe aus dem Computer

Zwei Stunden stehen Gründer Ralf Hütter (70) und seine drei Mit-Kraftwerker an den Konsolen. Vier Männer in hautengen, schwarzen Anzügen mit weißem Gittermuster, die sich über ihre audio-operativen Kommandozentralen beugen. „1-2-3-4-5-8-7-8“. Ihre Hände regeln, ihre Füße wippen. Elektronische Impulse. Maschinengeräusche, Klänge, so wie das Weltall klingen müsste, könnte man es hören. Liebe, die durch den Computer geht: „Ich hab heut nichts zu tun. Ich brauch ein Rendezvous.“ Amplituden. Oszillografische Ausschläge. Der Blick aus der Luke eines Raumschiffs auf den blauen Planeten. Spacelab Düsseldorf. Auf der Leinwand landet das Ufo prompt mitten auf dem Ehrenhof. Blick auf die Laufstege der 1950er Jahre. Egal ob im Seidencape, im Korsagenkleid, mit Collier oder mit Likörchen: „Sie ist ein Model und sie sieht gut aus.“

Bilder wie Blitzschläge

Blauweiß das Schild für Autobahn. Es zischt und braust und Schlagzeugbesen britzeln. Der Käfer auf der Leinwand und der Mercedes fuhren schon übers Plattencover. Vier Radfahrer, vier Dioden, vier Männer auf der Bühne. Ein Abend im Zeichen der Vier. In Blauweißrot. Frankreichs Farben. „Information“, Transmission“, „Television“. Der Eiffelturm als Sendemast. Wellenförmiges Zusammenziehen und Wieder-Entspannen von Muskeln. Bunte Kapseln und Tabletten, Vitamine, die in schwerloser Zeitlupe durchs All gleiten. Züge, Bahnhöfe, Schienen, Reise durch die Nacht mit dem Trans Europa Express.

Der Geruch nach Gras, alte, knorrige Bäume, und ein Bass, der die Brust weitet, bis sie schier zu bersten droht. Eindrücke, Reize und „Musique Non Stop“? „Die Roboter“ verheißen eine kurze Pause. Hier übernehmen die in Schwarz und Rot gewandeten Humanoiden den Job von Hütter und Co. Überragt von gigantischen Repliken der Repliken. Gigantisch.

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