Nachruf auf Jonathan Demme "Das Schweigen der Lämmer"-Regisseur gestorben
Bonn · Hollywood-Regisseur Jonathan Demme ist im Alter von 73 Jahren gestorben. Ein Nachruf auf den Macher von "Das Schweigen der Lämmer" und "Philadelphia".
Abgründiger kann ein Teufelspakt kaum sein: Um einen Serienmörder zu fangen, ist FBI-Agentin Clarice Starling (Jodie Foster) auf die Hilfe des kannibalischen Monsters Hannibal Lecter angewiesen. Wie Anthony Hopkins diesem Gefangenen kultivierte Brutalität gibt, wie die Kamera die unangenehme Intimität zwischen Ermittlerin und infamen „Helfer“ einfing – all das machte „Das Schweigen der Lämmer“ 1991 zu einem Meilenstein des Polizei-Thrillers.
Es ist gewiss der bekannteste, zugleich kommerziell erfolgreichste und mit fünf Oscars in den wichtigsten Kategorien höchstdekorierte Film von Jonathan Demme. Nun ist der Regisseur aus Baldwin/New York im Alter von 73 Jahren an Krebs gestorben. Demme war eine der vielseitigsten Hollywoodgrößen überhaupt, interessiert an Musik und heiklen Gesellschaftsthemen, an Komödien und Krimis, vor allem aber an überraschenden Genre-Mixturen. Michelle Pfeiffer gerät als „Die Mafiosi-Braut“ in keineswegs nur heitere Verwicklungen, und Melanie Griffith lockt den braven Jeff Daniels als „Gefährliche Freundin“ in die wilden Gefilde von Sex und Gewalt.
So meisterhaft wie in diesem ebenso amüsanten wie beängstigenden Film hat Demme zwar nicht immer die Register gewechselt, aber er liebte überraschende Sujets: In „Melvin und Howard“ liest ein Fabrikarbeiter am Straßenrand den verwahrlosten Milliardär Howard Hughes auf, in „Rachels Hochzeit“ kehrt eine labile Alkoholikerin (Anne Hathaway) in ihre traumatische Familienvergangenheit zurück.
Vom Werbefilmer zum Hollywood-Regisseur
Jonathan Demme hatte als Werbefilmer begonnen und sein Handwerk dann beim Horror-Spezialisten Roger Corman gelernt. Sein Debüt „Das Zuchthaus der verlorenen Mädchen“ (1974) wurde von manchen Kritikern als voyeuristisch gescholten, überzeugte andere aber als Versuch, Reizthemen für ein Massenpublikum zu verpacken.
Ähnliches galt knapp 20 Jahre später für „Philadelphia“, Hollywood erste ernsthafte Auseinandersetzung mit Homosexualität und Aids. Demme verriet das Thema zwar nicht an billige Effekthascherei, entkam aber einer etwas klischeehaften Melodramatik nicht. Dennoch war dies ein vieldiskutierter Film, der Hauptdarsteller Tom Hanks sowie Bruce Springsteen für den Titelsong „Street of Philadelphia“ jeweils einen Oscar einbrachte.
Überhaupt wurde Musik zum Leitmotiv in Demmes Karriere. Mit „Stop Making Sense“ glückte ihm 1984 ein erstklassiger Konzertfilm über die Talking Heads, später fing er Auftritte von Neil Young ein. In seinem letzten Kinofilm „Ricky – Wie Familie so ist“ verlässt Meryl Streep Mann und Kinder, um als Rocksängerin Karriere zu machen – auch wenn sie dafür tagsüber an der Supermarktkasse arbeiten muss.
Sowohl mit diesem Werk wie mit der Toni-Morrison-Verfilmung „Menschenkind“ sowie dem Remake von „The Manchurian Candidate“ konnte Jonathan Demme nicht an frühere Erfolge anknüpfen. Wohl auch deshalb übernahm er immer wieder Fernsehaufträge, drehte etwa zwei Folgen der Serie „The Killing“. Irgendwie schloss sich damit ein Kreis, denn am Beginn seiner Karriere stand eine „Columbo“-Folge.