"The House with the Ocean View" Zahlreiche Besucher bestaunen Performance in Bundeskunsthalle

Bonn · Zwölf Tage und Nächte verbringt die Tänzerin Lyn Bentschik in den drei schwebenden Räumen der Bundeskunsthalle. Sie zeigt eine Re-Performance von Marina Abramovics "House with the Ocean View".

Lyn Bentschik befindet sich an diesem Montagmorgen bereits 136,5 Stunden im „House with the Ocean View“ – der Re-Performance im Rahmen der Ausstellung zu Marina Abramovic in der Bundeskunsthalle. Die Halbzeit der insgesamt zwölftägigen Performance rückt in greifbare Nähe, doch die gelernte Tänzerin ruht weiter in sich. Selbst nach sechs Tagen ohne Essen, Sprechen, Lesen, Fernsehen oder menschlichen Kontakt wirkt Bentschik, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.

Um elf Uhr befindet sie sich gerade im mittleren der drei schwebenden Räume und macht einige Dehnübungen – es sieht aus wie eine Mischung aus Frühsport und Yoga, nur sehr viel langsamer. Die Bewegungen gehen fast fließend ineinander über, voller Bedacht hebt sie den rechten Arm über ihren Kopf, lässt ihn wieder sinken. Immer wieder fallen ihr die Augen zu, doch zwischendurch fixiert sie auch das Publikum.

Dieses, so formulierte es Marina Abramovic vergangene Woche, sei der „Ocean View“, also der Blick auf den Ozean, der Energie spendet. Und tatsächlich sitzen ihr bereits in den Morgenstunden Menschen gegenüber. Viele nehmen auf den Bänken weiter hinten Platz, doch ein Mädchen kommt und setzt sich zielstrebig auf die vordere Stuhlreihe.

Der suchende Blick

Sie lässt ihr Buch und ihren grünen Schal neben sich auf den Boden fallen und sucht den Blick von Lyn Bentschik. Diese reagiert sofort. Es scheint, als würden sich all ihre Gesichtszüge für einen Moment erweichen und sie lächelt. Ein Lächeln über das ganze Gesicht. „Es war schön zu sehen, wie dieser Moment der Vertrautheit entstanden ist“, bemerkt auch Besucherin Ulrike Becks-Malorny und vermutet: „Die beiden müssen sich kennen, das hat man irgendwie gespürt.“ Becks-Malorny und Rita Fritzsching gehen nicht zum ersten Mal durch die Ausstellung: „Es gibt so vieles zu entdecken hier, das kann man kaum bei einem Besuch alles aufnehmen“, sagt Fritzsching.

Beide bewundern die Ruhe und Ausdauer der Tänzerin. „Dass sie da über Tage und Nächte sitzt und schläft. Wie hält jemand das durch?“, fragt Becks-Malorny. Antworten darauf könnte nur Bentschik selbst geben, doch Sprechen gehört nicht zu den Dingen, die sie tun darf. Und so gibt sie sich weiter ihrem reinen Sein hin, stets in einem meditativ wirkenden Zustand. Aus den Ausstellungsräumen nebenan ist ununterbrochen ein Stimmen- und Gesangsgemisch der anderen Videoinstallationen zu hören. Unvorstellbar, wie es sein muss, dies täglich rund zehn Stunden zu hören.

Lyn Bentschiks Lieblingsraum scheint der mittlere zu sein. Oft findet man sie dort auf dem Boden sitzend vor, die Füße nur knapp über dem ersten Tranchiermesser der Leiter baumelnd. Noch bis Sonntag, 24. Juni, 17.30 Uhr, kann man sie dort während der Öffnungszeiten besuchen.

Öffnungszeiten: Di und Mi 10 bis 21 Uhr, Do bis So 10 bis 19 Uhr.

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