Ausstellung im Kunstverein Yoga-Momente in der Kunst

Bonn · Erste große Einzelausstellung in Deutschland für Jennifer Tee im Bonner Kunstverein. Die Themen sind anspruchsvoll und nicht im raschen Vorbeigehen zu erfassen.

 Im Zustand der Entschleunigung: Jennifer Tee in Bonn.

Im Zustand der Entschleunigung: Jennifer Tee in Bonn.

Foto: Gudrun von Schoenebeck

Es ist die erste institutionelle Einzelausstellung für Jennifer Tee in Deutschland und man darf festhalten, dass es an der Zeit war. Tee, 1973 in Arnheim geboren, war bereits in etlichen guten Ausstellungshäusern in Europa zu Gast und auch auf der letzten Manifesta in Zürich dabei. Dort hatte sie einen Friedhof als ihren Kunstort gewählt und sich mit dem physischen und spirituellen Übergang vom Leben zum Tod befasst.

Übergänge und Zwischenstadien sind ihr Thema geblieben und das gilt auch für die aktuelle, mit Bedeutungsebenen dicht gepackte Ausstellung „Let it Come Down“ im Kunstverein. Der Titel ist ein Zitat aus Macbeth, als Banquo seinen Mördern begegnet (3. Akt, 3. Szene) und sie ahnungslos begrüßt mit den Worten „‘s kommt Regen noch zur Nacht“.

Der Mörder antwortet: „So mag er fallen!“ und ersticht Banquo. Shakespeares Sinn für Ironie in einer hochdramatischen Szene kann, etwas weiter gefasst, auch auf Jennifer Tees Arbeiten als Kommentar zur aktuellen Weltpolitik angewendet werden. „Let it Come Down“ ist auch der Titel einer großformatigen Collage aus getrockneten schwarzen Tulpenblättern, die sie in den Niederlanden sammelte.

Soul in limbo

In der grafisch strengen Form ist der Bezug zum Unheil verkündenden Regen aus Macbeth ebenso gegeben wie zu traditionellen indonesischen Textilien, die typischerweise eine Reise auf dem Wasser darstellen. Jennifer Tee selbst hat holländische Tulpenbauern und auch chinesisch-indonesische Emigranten in ihrer Ahnenliste.

Von der „Seele im Schwebezustand – „soul in limbo“ – spricht die Künstlerin über die prekäre Balance, in der sich Geist und Körper befinden können. An dieser Stelle ist der Besucher auch direkt gefragt, beziehungsweise aufgefordert, das normalerweise aufrechte Ausstellungserlebnis im liegenden Zustand fortzusetzen. Dafür gibt es auf dem Boden ausgebreitete Strick-Objekte, auf denen man liegen und dabei Mitarbeitern des Kunstvereins zuhören kann, wenn sie Auszüge aus einer Auswahl polemischer Texte in Tees „Bücherstapel des Widerstands“ vorlesen.

Die eigene Yoga-Praxis habe sie zu diesen Bodenarbeiten, die von den Besuchern benutzt werden sollen, angeregt, sagt die Künstlerin. Es ist keine leichte Kost, die Jennifer Tee anbietet. Die Themen sind anspruchsvoll und nicht im raschen Vorbeigehen zu erfassen, die Materialien und deren Formgebung unorthodox. Das (unaufdringliche) Angebot der Partizipation aber steht und ermöglicht das langsame Entdecken von Inhalten und eigenen Fragen. Auch in der Kunst gibt es Yoga-Momente und die machen sich gut als Möglichkeit zur Entschleunigung.

Bonner Kunstverein, Hochstadenring 22, bis 21. Januar. Di-So 11-17, Do 11-19 Uhr. Am 20. und 21. Januar finden jeweils einstündige Performances in der Ausstellung statt (14 und 16 Uhr).

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