Wie das Festival nach Krakau kam

Krzysztof Penderecki, in diesem Jahr Gast beim Festival, hat besondere Beziehungen zu Bonn

Wie das Festival nach Krakau kam
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Bonn. Der Komponist und Dirigent Krzysztof Penderecki ist mit der Sinfonia Varsovia am 21. September Gast beim Beethovenfest. Auf dem Programm des Konzerts in der Beethovenhalle steht neben Beethovens 3. Klavierkonzert die 2. Sinfonie von Penderecki.

Seit vielen Jahren gibt es besondere Beziehungen zwischen Penderecki und Bonn. Barthold C. Witte, der langjährige Vorsitzende der Bürger für Beethoven, erinnert sich. Es geschah in der Adventszeit des Jahres 1995, genau genommen in der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember. Bonn erlebte damals, zu seiner großen Überraschung, ein dreitägiges Beethovenfest eigener Art, "Beethoven-Marathon" genannt angesichts der Fülle von Konzerten, tags und nachts.

Die Bürger für Beethoven, zwei Jahre zuvor gegründet, machten sich damit auf, das von der Stadt Bonn aufgegebene Beethovenfest zu retten. Mit Kari Kahl-Wolfsjäger, erfolgreicher Intendantin des "Kissinger Sommer", hatten sie ihre Initiatorin und künstlerische Leiterin gefunden. Sie ließ ihre Verbindungen spielen, während die Mitglieder der "Bürger", alle ehrenamtlich, die gesamte Organisation übernahmen - und alle, alle kamen, vom BBC Symphony Orchestra bis zum Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Lorin Maazel.

Und ebenso erschien der damals schon weltweit berühmte Komponist und Dirigent Krzysztof Penderecki mit seiner Ehefrau Elzbieta. In einem legendär gewordenen Konzert, abends ab elf in der drangvoll überfüllten Bonner Münsterbasilika, führte er mit der Sinfonia Varsovia die Coriolan-Ouvertüre und die siebte Sinfonie auf; als Solist spielte Dmitri Sitkovetsky das einzige Violinkonzert Beethovens.

Es war wohl Elzbieta Penderecka, energisch wie stets, die noch in dieser Nacht die Idee gebar, in Krakau, der Heimatstadt der beiden Polen, ebenso ein Beethovenfest der besonderen Art ins Leben zu rufen. Den nötigen Sachverstand und die noch nötigeren musikalischen und publizistischen Verbindungen versprach Kari Kahl-Wolfsjäger einzubringen.

Sie hielt dieses Versprechen. Als Vorsitzender der Bürger für Beethoven übernahm ich die dornige Aufgabe, deutsche Spender und Sponsoren zu finden - was gelang, vor allem weil Berthold Beitz im Angedenken an seine Krakauer Jahre einen namhaften Betrag über die Krupp-Stiftung zusagte. Polnische Sponsoren schaffte die unermüdliche Elzbieta herbei. Und so wurde Realität, was zunächst nur ein Traum gewesen war: das erste Beethovenfest in Krakau, veranstaltet vom Ehepaar Penderecki während der Karwoche 1997.

Für die Bürger für Beethoven war es eine Ehrensache, möglichst zahlreich dabei zu sein. Einen unerwarteten Höhepunkt erlebten wir in der historischen Jagellonen-Bibliothek der Universität. Den beiden Damen war es gelungen, zu diesem ersten Beethovenfest in Krakau eine öffentliche Ausstellung des kompletten Autografs der siebten Sinfonie Beethovens zu erreichen.

Damit hatte es eine besondere Bewandtnis. Der größte Teil des Autografs war nach 1945, als Polen die deutschen Gebiete jenseits der Oder und Neiße in Besitz nahm, aus dem dortigen Kloster Grüssau, wohin viele Manuskripte der Berliner Staatsbibliothek ausgelagert worden waren, nach Krakau überführt, freilich dort unter Verschluss gehalten worden.

Nur wenige Beethovenforscher hatten die kostbaren Blätter bis dahin einsehen können. Aus Berlin brachte nun der damalige Direktor der wiedervereinten Staatsbibliothek den dort verbliebenen Teil des Manuskripts mit als Beitrag zu einer öffentlichen Wiedervereinigung besonderer Art, freilich nur für wenige Wochen. Die polnisch-deutsche Begeisterung war groß.

Heute, zwölf Jahre später, ist aus dem Beethoven-Bäumchen zu Krakau ein stattlicher Baum geworden, ein gesamtpolnisches Beethovenfest, jetzt in Warschau angesiedelt, das in jedem Jahr rund um Ostern die Musikfreunde von Danzig über Warschau bis Krakau zum gemeinsamen Hören versammelt. Krzysztof und Elzbieta Penderecki sind ihrerseits dem wieder erstandenen Bonner Beethovenfest treu geblieben.

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