Werkstatt Theater Bonn "Wagners Hirn - Eine Tetralogie an einem Abend"

BONN · Sie kommen an Wagner nicht vorbei - ob Sie wollen oder nicht. Möglich aber, dass Sie nach diesem Abend in der Werkstatt von Theater Bonn etwas mehr wollen als vorher.

 Szene aus "Wagners Hirn": Der "Meister" zu Besuch bei Robert Schumann in Endenich.

Szene aus "Wagners Hirn": Der "Meister" zu Besuch bei Robert Schumann in Endenich.

Foto: Szokody

Dass "Wagners Hirn - Eine Tetralogie an einem Abend" von Solveig Palm dazu inspiriert, die Musik zu hören, seine Biografie zu studieren, seine Bedeutung in der Musik- und Geistesgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Das ist dieser liebevoll inszenierten und bemerkenswert umgesetzten Collage wirklich zu wünschen, und das wird sie nach der Premiere auch schon bei dem einen oder anderen bewirkt haben.

Natürlich wäre Wagner nicht Wagner, wenn er sich - analog zum "Ring des Nibelungen" - mit weniger als vier Teilen zufrieden gäbe. Wenn er mit Geringeren verkehrte als Giuseppe Verdi, Gustav Mahler und Robert Schumann: von Alois Schäfer - an dieser Stelle stellvertretend für das gesamte Ensemble hervorgehoben - facettenreich verkörpert.

Es stecken eine Menge reizvoller Querverweise in diesem rund zweistündigen Stück und dazu - aus aktuellem Anlass - ein paar gezielte Seitenhiebe in Richtung Initiative BürgerBegehren Bonner Oper. Aber, um zu Wagner zurückzukommen: Seine Ausführungen zum "Judenthum in der Musik" und die Versuche des Meisters, zutiefst erschrocken seinen antisemitischen Aufsatz posthum zu relativieren, bleiben im Raum stehen und regen zum Nachdenken an - ohne vorgefertigte Antworten liefern zu wollen, die in ihrer Eindeutigkeit ja doch unbefriedigend bleiben müssten.

Auch wenn der eine oder andere das jetzt vielleicht nicht so gern lesen wird: "Wahnfried" ist eine Welt für sich, und sie trägt geniale Züge. Man muss ihren Alleinherrscher nicht lieben; man muss ihn nicht einmal mögen. Aber es steckt eine Menge in "Wagners Hirn". Und die Darsteller - junge Musiker und Schauspieler aus Bonn, professionelle Darsteller sowie Mitglieder des "Erinnerungstheaters" - holen es heraus.

Wer also wissen will, was Wagner mit Leni Riefenstahl gemein hat und wie trefflich Alice Schwarzer mit Wagners Heldinnen streitet, kann sich heute (15.) und am 17. sowie vom 21. bis 23. November selbst ein Bild machen. Es lohnt sich. Vielleicht am meisten, wenn man gar kein Wagnerianer ist.

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