Jazzfest Bonn Three Fall, Michael Heupel und Uwe Kropinski in der Brotfabrik

BONN · Wir sind Three Fall und haben Bock zu spielen", meinte der in Bad Godesberg aufgewachsene Lutz Streun. Das traf sich gut. Denn ab dem ersten Takt hatte auch das Publikum in der Brotfabrik "Bock", den Dreien von Three Fall zuzuhören. Sie übernahmen den Eröffnungspart zum dritten Abend im dritten Jazzfest Bonn.

 Three Fall mit (von links) Lutz Streun, Sebastian Winne und Tilmann Schneider.

Three Fall mit (von links) Lutz Streun, Sebastian Winne und Tilmann Schneider.

Foto: Lutz Voigtländer

Ein Abend, der den Soundtüftlern und Rhythmikern, dem Musikexperiment und der eigenwilligen Besetzung vorbehalten war. Neben dem Trio präsentierten sich im zweiten Teil dann Michael Heupel und Uwe Kropinski.

Rechtzeitig vor dem Auftritt von Three Fall hatte der Drummer der Red Hot Chili Peppers, Chad Smith, auf Lockerz.com gepostet, wie begeistert er von dem Trio und dem Young German Jazz sei. Auf ihrer neuesten, bei ACT erschienenen CD hatte Three Fall wunderbar Nummern von den Chilis gecovert. In der Brotfabrik gab es eine Kostprobe davon, außerdem brillante Eigenkompositionen wie "Kohlenhydrate", "Ottostraße", "Fiets" und "Voodoo Logic".

Schon die Besetzung mit Saxofon (Streun), Posaune (Tilmann Schneider) und Schlagzeug (Sebastian Winne), außerdem etliche elektronische Helferlein, die für Verzerrungen und Effekte zuständig waren, ließen Abenteuerliches erwarten. Unglaublich, was Streun seinem Saxofon, das er auch mal ohne Mundstück bearbeitet, und der Bassklarinette entlockte: Wimmern, Quietschen, Kratzen, Ploppen.

Schneiders Posaune jault, faucht, dient dem Musiker als Megaphon. Winne peitscht das harmonisch/disharmonisch bestens funktionierende Trio zu einer atemlosen Mischung aus Punkjazz und Heavy-Metal-Jazz.

Kurzes Luftholen zunächst bei Heupel und Kropinski, bis auch die beiden sich zu wüsten Attacken steigerten. Der Bonner Heupel trat mit einer Armada von Querflöten an. Die längste ist eine Subkontrabassflöte, eine 3,50 Meter lange Sonderkonstruktion, die wie eine Mischung aus Kontrabass und Didgeridoo klingt.

Der Berliner Kropinski war mit zwei 39-bündigen Gitarren bewaffnet, die er furios wie ein spanischer Gitarrero bearbeitete oder als nuancenreichen Perkussionskörper nutzte. Scat-Gesang, Brummen, Jaulen rundet das Repertoire von Kropinski ab. Heupel sekundierte mit stoßenden, hauchenden Tönen, komplexen Rhythmen und jazzigen Improvisationslinien. Das Duo nahm sein Publikum auf eine musikalische Weltreise mit, die orientalische und lateinamerikanische Regionen streifte.

Es spielte Eigenkompositionen von Kropinski, aber auch den Klassiker "All the Things you are" in einer durch und durch verzaubernden Interpretation. Gegen Ende gab es das Stück "Die Feier des Augenblicks", Improvisation pur. "Ein Stück, das immer gleich heißt, doch immer anders klingt", was Kropinski allemal lieber ist als Lieder, die unterschiedlich heißen und doch immer gleich klingen.

Für Jazzfest-Chef Peter Materna, dem an diesem Abend einmal wieder gelang, das breite Spektrum dieser Musik auszuloten, war der philosophische Exkurs eine Steilvorlage: "Was wir in diesen Tagen hören, ist Jazz. Und es klingt doch immer anders."

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