Symbiose von Bild und Ton im Kunstmuseum

Projekt des Malers Jürgen Partenheimer und Musikers Kevin Volans in Bonn ausgestellt - Vereinigung von Gemälden mit musikalischen Kompositionen

Symbiose von Bild und Ton im Kunstmuseum
Foto: Franz Fischer

Bonn. Von Punkt zu Punkt waren sie beide unterwegs, der Komponist und der Maler. Der Musiker Kevin Volans arbeitete an dem Stück, das "Joining up the dots" (soviel wie: Punkte verbinden) heißt. Der bildende Künstler Jürgen Partenheimer begann zeitgleich und unabhängig davon, sich aus einem Meer von Punkten auf der Leinwand einige herauszugreifen und diese mit einer zarten, hellen Linie zu verbinden.

Beides gehört zu den schönen Gemeinsamkeiten einer außergewöhnlichen Ausstellung. Es ist ein gewagtes Projekt, das einen Musiker des Postminimalismus mit einem abstrakt arbeitenden bildenden Künstler zusammenbringt. "Die Arbeiten sind oft klein und ruhig, dennoch füllen sie irgendwie den Raum um sie herum, egal wie groß er ist, mit ihrer Anwesenheit aus", meint Volans, "gerade so wie unhörbare, leise Musik." Damit ist die Situation im Kunstmuseum Bonn exakt beschrieben.

Die Ausstellung "Jürgen Partenheimer Discontinuity, Paradox & Precision" vereinigt die suchenden, sparsamen Linien, die zarten Farbfelder und filigranen Formengitter des Zeichners und Malers mit Fragmenten aus der Komposition "The Partenheimer Project". Volans hat für drei Ensembles - Klarinette und fünf Hörner, zwei Violas und Celli sowie Klavier und Percussion - jeweils Stücke geschrieben, die aus kristallinen Klangbausteinen, "wiedererkennbaren Bildern" (Volans), gleichsam vorbeiziehenden Tonlinien und Pausen bestehen.

"Meine Musik ist ausdrücklich anti-konzeptuell", sagt der Stockhausen-Schüler Volans, der 1973 bis 1981 in Köln lebte und der als "New Simplicity" (Neue Einfachheit) genannten Richtung angehört. Gerade in diesem anti-konzeptuellen Ansatz sieht der in Irland lebende Südafrikaner Volans Parallelen zu Partenheimer. Der wiederum erkennt in diesem Projekt viele "Wahlverwandtschaften": "Die Malerei beginnt sich zu bewegen, die Zeichnung wird zur Partitur."

So intensiv die Möglichkeiten interdisziplinärer Schnittstellen und Synergien im Dialog von Partenheimer und Volans auch ausgeschöpft werden: Mehr davon hat der Besucher bei getrennter Wahrnehmung. Volans hat seine Komposition mit der Birmingham Contemporary Music Group aufgenommen und auf einer ausgezeichneten CD herausgebracht. Die Ikon-Gallery in Birmingham präsentierte als Kooperationspartner der Bonner Anfang dieses Jahres das Doppel Partenheimer/Volans. Und nicht nur das: Die Stücke wurden in der Ausstellung mehrfach von den drei Ensembles live aufgeführt.

Ein großes Glück, das den Bonnern allerdings verwehrt bleibt, was umso mehr verwundert, da das Partenheimer-Projekt als Rahmenprogramm des Beethovenfests firmiert. "Die Live-Musik war zu teuer", klagt der Komponist. Für Partenheimer ist die Ausstellung im Kunstmuseum so etwas wie ein Heimspiel. 1994 und 1999 waren wichtige Komplexe seiner Kunst hier zu sehen, 2000 unternahm er mit Bonner Rückendeckung eine viel beachtete China-Tournee. Das Museum besitzt einen der besten Zyklen des Künstlers: "La caida del humo, San Sebastian" von 1993.

Die Arbeiten der aktuellen Ausstellung, großteils Bilder der letzten Jahre, knüpfen an jene schwerelosen, den Weißraum und das zarte Gespinst der Linien zelebrierenden Kompositionen an. Immer wieder aufregend ist, wie Partenheimer das Terrain sondiert, wie er sich annähert, mit Formen und Farbakzenten spielt. Jedes Blatt trägt den Charme des möglichen Scheiterns in sich - und tut es natürlich nicht. Partenheimer ist ein Virtuose, auch wenn er die flüchtige Zeichnung aufs große Format der Malerei überträgt.

Gemälde wie "Amaryllis" (2003), "Metaphysical Realism" (2004) oder die Werke der "Carmen"-Serie etwa vereinigen die zarte Eleganz der Zeichnung mit einer kompakten, dezidierten Farbsetzung. Nur in der dritten Dimension findet der eloquente Dichter und Denker Partenheimer nicht das überzeugende Vokabular. Da wirkt vieles - verglichen mit der Leichtigkeit und Kraft der Zeichnungen und Gemälde - arg umständlich konstruiert, ja gebastelt.

Er kartographiere "das Reich des Tagträumers, das Geistige, den Raum zwischen Einatmen und Ausatmen", hat der Poet Partenheimer einmal gesagt. Der Zeichner und Maler Partenheimer liefert dazu mit Bildern die adäquate Umgebung - und der Musiker Volans transponiert das Ganze in eine neue Dimension.

Kunstmuseum Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 2; bis 9. November. Di-So 11-18, Mi bis 21 Uhr. Katalog plus CD 33 Euro

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