Stadtmuseum zeigt "Mit Bauern und republicaner Blut"

Zum 150. Todestag von Sibylle Mertens-Schaaffhausen erinnert das Bonner Museum an die "Rheingräfin"

Stadtmuseum zeigt "Mit Bauern und republicaner Blut"
Foto: Stadtmsueum Bonn

Bonn. Die junge Frau mit den dunklen Locken und den markanten Gesichtszügen schaut ein wenig nachdenklich, wenn nicht gar verträumt in die Ferne - den Kopf leicht geneigt und auf die rechte Hand aufgestützt.

Kleidung und Frisur sind typisch für die Mode um 1830, doch die Haltung, der Blick reichen weit darüber hinaus. Als Ludwig Krevel Sibylle Mertens-Schaaffhausen porträtierte, hatte diese sich bereits einen Ruf als Archäologin erworben, sammelte antike Kunst, begleitete die großen Primadonnen ihrer Zeit am Flügel und pflegte Freudschaften mit Adele Schopenhauer und Annette von Droste-Hülshoff.

Am 22. Oktober jährt sich der Todestag von Sibylle Mertens-Schaaffhausen zum 150.Mal. Aus diesem Anlass zeigt das Stadtmuseum Bonn jetzt im Ernst-Moritz-Arndt-Haus eine Auswahl von Bildern, Dokumenten und Objekten aus seinen Beständen, die an die "Rheingräfin" erinnern, wie der Berliner Maler Wilhelm Wach seine Freundin zu nennen pflegte.

Geboren am 29. Januar 1797 als einziges Kind des Bankiers und Kölner Ratsherrn Abraham Schaaffhausen und dessen Frau Maria Anna, geborene Giesen, und getauft auf den Namen Maria Sibylle Josepha, hatte das Mädchen in der Kindheit zwischen fünf Halbgeschwistern keinen leichten Stand. Das Verhältnis zu ihrer Stiefmutter war zeitlebens arg unterkühlt.

Dafür war Sibylle der Liebling ihres Vaters, besuchte zusammen mit ihm dessen Freund Ferdinand Franz Wallraf und bewegte sich spielerisch inmitten der riesigen Kunstsammlungen, die später zum Grundstock fast aller stadtkölnischen Museeen wurden. Während sich dem ordungsliebenden Goethe angesichts der Durcheinanders alle Haare sträubten, mag in dem Mädchen Sibylle der Plan gereift sein, selbst einmal eine solche Sammlung ihr Eigen zu nennen und diese nach wissenschaftlichen Prinzipien zu ordnen.

Verheiratet an einen Mann, den sie nicht liebte, behandelte sie diese rein geschäftliche Verbindung soweit es ging als Nebensache und ging ihren eigenen künstlerischen Interessen nach. Woran sie auch die sechs Kinder, die sie pflichtgemäß zur Welt gebracht hatte, nicht hinderten. Die Zuneigung der Wissenschaftlerin und Sammlerin galt ihren Freundinnen, zu denen später auch Goethes Schwiegertochter Ottilie gehörte.

Liebe und Leidenschaft schenkte Sibylle Mertens-Schaffhausen ihren Gefährtinnen wie Adele Schopenhauer, der englischen Schriftstellerin Anna Jameson oder der italienischen Adligen Laura Spinola.

In ihren Salons im Plittersdorfer Auerhof und in der Bonner Wilhelmstraße versammelten sich Künstler und Gelehrte. Zudem förderte die reiche Kölnerin, die sich als eine der ersten aus ihrer Heimatstadt bewusst in Bonn niederließ, die Niederrheinischen Musikfeste und den Kölner Karneval und sammelte eifrig Geld für den Rolandsbogen und das ehrgeizigste Projekt ihrer Zeit überhaupt: die Vollendung des Doms.

Angefeindet von ihren eigenen Kindern, die sie nach dem Tode des Vaters in Erbstreitigkeiten verwickelten, zog sich Sibylle Mertens-Schaaffhausen während der letzten Lebensjahre nach Rom zurück, wo sie 1857 starb und auf dem Campo Santo Teutonico beerdigt wurde.

Für Angela Steidele, die als freie Sachbuchautorin in Köln lebt und auf der Grundlage von Heinrich Hubert Houbens 1935 erschienenem Buch über die "Rheingräfin" an einer neuen Biografie arbeitet, gehört Sibylle Mertens-Schaaffhausen zu den faszinierendsten Frauen des 19. Jahrhunderts: von Geburt an privilegiert und vom Wesen her unkonventionell und zuweilen burschikos, verstand sie sich selbst eher als "Kind aus dem Volke" mit "Bauern und republicaner Blut".

Den Reichtum ihrer Familie nutzte sie zur Förderung von Kunst und Wissenschaft, die ihr am Herzen lagen. Dass viele ihrer Zeitgenossen und sogar ihre eigenen Kinder ihren Lebensstil verurteilten, ließ sie ungerührt. Ihr weibliches Selbstbewusstsein wies über die Rolle der Frau in ihrer Zeit hinaus. So wie der Blick der Rheingräfin auf dem Porträt.

"Sibylle Mertens-Schaaffhausen 1797-1857", Stadtmuseum Bonn im Ernst-Moritz-Arndt--Haus, Adenauerallee 29, bis 25. November. Öffnungszeiten: mittwochs bis samstags von 13 bis 17 Uhr und sonntags von 11.30 bis 17 Uhr.

Zur Ausstellung ist ein Begleitbuch erschienen, herausgegeben von Ingrid Bosch und Angela Steidele. Erhältlich an den Museumskassen (zehn Euro) sowie im Buchhandel (14 Euro)

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