Parabel über die Unerbittlichkeit der Staatsmacht Selten aufgeführte Verdi-Oper in Bonn

Bonn · Dirigent Will Humburg über die Oper „I due Foscari“, deren Neuinszenierung am Sonntag Premiere hat.

 Dirigent und Verdi-Spezialist Will Humburg.

Dirigent und Verdi-Spezialist Will Humburg.

Foto: Promo

Von Verdi kann er eigentlich nie genug bekommen. Fünf verschiedene Opern des italienischen Meisters werde er nächstes Jahr dirigieren, sagt Will Humburg. Das Wort „Langeweile“ komme ihm dabei nicht in den Sinn. Was fasziniert den Dirigenten, seit der Spielzeit 2014/15 Generalmusikdirektor in Darmstadt, an dem neben Mozart wohl populärsten Opernkomponisten? „Wenn man die ganz frühen Opern, also 'Oberto' oder 'Un giorno di regno' hört, und dann die späten wie 'Othello' oder 'Falstaff', dann hat man das Gefühl, das sind zwei verschiedene Menschen, die das geschrieben haben.“ In diesen Kosmos einzutauchen und immer wieder neue Facetten zu entdecken, treibt Humburg um. Seit vielen Jahren gilt er als Verdi-Spezialist, ein Etikett, „mit dem ich gut leben kann“. Mehrfache Nennungen als Dirigent des Jahres hat ihm das eingebracht.

Sich damit zu rühmen, käme ihm aber wohl nicht in den Sinn. Auch derlei Zuschreibungen unterliegen schließlich modischen Schwankungen. Nach seinem Wagner-Ring am Theater in Münster zum Beispiel galt er als Wagner-Spezialist. „Bayreuth wollte mich haben“, erzählt er schmunzelnd im Künstlerzimmer in der Bonner Oper. Auf dem Grünen Hügel zog man dann doch Adam Fischer vor.

Auch in Bonn kennt man Will Humburg gut. Hier startete er in der Saison 2014/15 einen Verdi-Zyklus, der mit einer Auswahl der frühen Opern begann. Nach „Giovanna d’Arco“, „Jerusalem“ und „Attila“ wird diese erste Etappe nun mit den „Due Foscari“ in der aktuellen Saison abgeschlossen (Premiere am kommenden Samstag). „Unbekannte Schätze“ gebe es in diesen Frühwerken zu heben, erklärt Humburg mit spürbarer Begeisterung, „ich habe die frühen Verdiopern zuerst mit 'Attila' entdeckt und gemerkt, welch tolle Musik da drin steckt.“

Natürlich gebe es da viel von den typischen Verdi-„Um-ta-ta“-Arien, die schnell etwas oberflächlich wirken können. Doch Humburg hat ein Gegenmittel – subtile Veränderungen und große Freiheit im Tempo: „Viele Verdi-Dirigenten heutzutage sind mir einfach zu starr“. Er hingegen erarbeitet mit den Sängern einen sehr flexiblen Arienverlauf. Und auch die Klangfarbe lasse sich oft auf feinsinnige Weise modellieren: „Verdi legt ja vieles gar nicht genau fest – da kann man auch mal näher am Steg spielen. Das macht den Klang spröder.“

Fatalistischer Opernstoff

„I due Foscari“ gilt Humburg als die „beinah fatalistischste Oper, die Verdi geschrieben hat.“ Ein Renaissance-Drama im Venedig des 15. Jahrhunderts mit Hass und Intrigen. Tragische Hauptfigur ist der Doge Francesco Foscari, der erst seinen unschuldig verurteilten Sohn verliert, dann sein Amt. Als dunkle Macht im Hintergrund agiert der „Rat der Zehn“. Erscheint dieses Gremium auf der Bühne, erklingt stets dieselbe Musik, ein Mittel, so Humburg, um „die Unerbittlichkeit der Staatsmacht“ zu verdeutlichen.

Parallelen zum aktuellen Politikbetrieb und seinen Machtspielchen liegen da auf der Hand: Intrigen spinnen, Mehrheiten organisieren, Widersacher kaltstellen. So wundert es nicht, dass Regisseur Philipp Kochheim die Geschichte in die Gegenwart verlegt. Wie sehr diese Oper Verdis – seine sechste – mittlerweile geschätzt wird, zeigt ein Blick nach Salzburg. Dort stehen die „Due Foscari“ im Sommer ebenfalls auf dem Spielplan – aber nur konzertant. Wer das echte Bühnenerlebnis möchte, muss eben nach Bonn kommen.

„I due Foscari“ von Giuseppe Verdi, Premiere am Samstag, 6. Mai, 18 Uhr im Opernhaus.

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