Brief aus dem Jahre 1831 Schriftstellerin Johanna Schopenhauer berichtet über Bonn

BONN · Obwohl das Schreiben auf den 11. Januar 1831 datiert ist, ist es erstaunlich gut erhalten. Nur am Briefkopf klafft eine größere Lücke. Stadtarchivar Norbert Schloßmacher vermutet, dass an dieser Stelle mal ein Siegel angebracht war - als es gebrochen wurde, riss dieses wahrscheinlich gleichzeitig auch das Papier mit ab. Um den Brief lesen zu können, muss der Betrachter allerdings Zeit investieren, da die Verfasserin ihre Zeilen in altdeutscher Schrift geschrieben hat.

Stadtarchivar Norbert Schloßmacher zeigt den Brief von Johanna Schopenhauer.

Stadtarchivar Norbert Schloßmacher zeigt den Brief von Johanna Schopenhauer.

Foto: Maximilian Mühlens

Der Brief stammt von der Schriftstellerin Johanna Schopenhauer, die von 1828 bis 1837 zusammen mit ihrer Tochter Adele in Bonn wohnte. Das Autograph, wie Fachleute das Schreiben bezeichnen, adressierte Johanna Schopenhauer an ihren guten Freund und Schriftsteller-Kollegen Georg Müller von Gerstenbergk. Eine heikle Freundschaft, da sie zum Bruch mit ihrem Sohn Arthur führte.

Norbert Schloßmacher ist sichtlich stolz, wenn er das Autograph vorsichtig mit Stoffhandschuhen anfasst und betrachtet. Das seltene Schriftstück konnte er erst vor kurzem von der Autographenhandlung Kotte im bayrischen Roßhaupten für 2700 Euro erwerben - eine der seltenen großen Ankäufe des Stadtarchivs. "Aus ihrer Bonner Zeit gibt es kaum Autographen", erklärt der Stadtarchivar, "dabei erzählen sie Interessantes über Bonn. Dieses Autograph bedeutet eine herausragende Ergänzung unserer Sammlung".

Johanna Schopenhauer zog es 1828 an den Rhein, da sie durch den Bankrott des Danziger Bankhauses Muhl einen Großteil ihres Vermögens verloren und so akute Geldsorgen hatte. Das vergleichsweise teure Leben in Weimar konnte sie sich nicht mehr leisten. In Weimar hatte sie zuvor einen literarischen Salon gegründet, in dem Johann Wolfgang von Goethe Stammgast war. Jedoch machte ihr nicht nur die desolate finanzielle Situation Sorgen, sondern auch ihre Gesundheit, die sich immer weiter verschlechterte. In Bonn angekommen, wurde sie vor allem durch ihre gute Freundin Sibylle Mertens-Schaaffhausen, der "Rheingräfin", unterstützt.

In dem an Müller von Gerstenbergk gerichteten Schreiben berichtet Schopenhauer von "einem angenehmen Leben" in Bonn. In Bonn sei es im Vergleich zu Weimar nicht nur wärmer, sondern auch preis- und lebenswerter. Bonn sei aber "kleiner und bescheidener", und das "mäßige" gesellschaftliche Leben könne mit dem in Weimar nicht mithalten. Außerdem berichtet sie von ihrer schriftstellerischen Arbeit - schließlich müsse sie Geld verdienen. Auffällig ist, dass sie detailliert von einigen Sterbefällen innerhalb ihres Freundeskreises berichtet.

Während seinen Recherchen zu Johanna Schopenhauers Zeit in Bonn stieß Norbert Schloßmacher auf eine amüsante Annonce der Schriftstellerin im "Bonner Wochenblatt", einem Vorläufer des General-Anzeigers. Darin bat sie einige Freunde, ihr private Bücher zurückzugeben, die sie ihnen zuvor entliehen hatte. Aufgefallen waren ihr die fehlenden Bücher, als sie innerhalb Bonns von der Wenzelgasse zum Vierecksplatz, heute der Bereich der Berliner Freiheit, umziehen wollte.

Das neuerworbene Autograph wird im Stadtarchiv demnächst auch den Bonnern zugänglich sein. Aktuelle Informationen zum Stadtarchiv sowie zu einigen interessanten Archivalien findet man im Internet auf www.bonn.de, Webcode: Stadtarchiv

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