Ausstellung im Max-Ernst-Museum Brühl Retrospektive des Malers William Copley

Brühl · Auf in den Geschlechterkampf! Ihm gewinnt der amerikanische Maler William Copley (1919-1996) immer neue Seiten ab: Mal zeigt er ihn als übermütig-ausgelassenen Tanz, mal als Boxkampf und auf einem seiner Gemälde stehen sich Mann und Frau gar mit Pistolen bewaffnet in Duell-Position gegenüber.

 Liebesspiel vor Herzchentapete: William N. Copleys "St. Valentine's Day", 1965.

Liebesspiel vor Herzchentapete: William N. Copleys "St. Valentine's Day", 1965.

Foto: Museum

Das Ganze spielt sich in einem Raum mit Herzchentapete und wildgemustertem Teppich ab, die plakative Darstellung der nackten Protagonisten trägt comic-hafte Züge. Das Bild aus dem Jahr 1974 vereint die typischen Stilmittel Copleys: flächige Malweise, eine starke Vereinfachung der Motive, die oft durch schwarze Lineaturen konturiert werden; auffallende Dekore und kontrastreiche Farbigkeit; vor allem aber einen geradezu anarchischen Bildwitz, der den Arbeiten einen hohen Wiedererkennungswert garantiert.

Das Max-Ernst-Museum wartet jetzt mit einer umfangreichen Retrospektive des Künstlers auf, der hierzulande noch weitgehend als Geheimtipp gilt. Der überwiegende Teil der rund 70 Exponate stammt aus der Sammlung von Frieder Burda, in dessen Museum in Baden-Baden die Ausstellung zuvor präsentiert wurde. Die Kooperation hatte noch der Kunstexperte Werner Spies eingefädelt, der in der vergangenen Woche seinen Rückzug aus allen Ämtern in Brühl verkündet hat.

Copley nimmt mit seinem freizügigen erotischen Darstellungen, seiner unorthodoxen Bildsprache und seinem oft beißenden Sarkasmus eine singuläre Position in der Kunst des 20. Jahrhunderts ein. Männer und Frauen und ihre vielfältigen Beziehungen bilden das lustvolle Hauptprogramm des Malers; doch finden sich in seinem Werk auch zahlreiche Rückgriffe auf die Kunstgeschichte wie etwa der im Stil von van Gogh gemalte "Electric Chair", aus dem ein Kabel samt Stecker baumelt. Und auch das berühmte Foto von Marilyn Monroe über dem Luftschacht diente als Vorlage für ein Gemälde, das die Schauspielerin freilich mit entblößtem Po zeigt - ganz so, wie es dem Humor des Künstlers entspricht.

Als Baby wurde er auf den Treppen eines New Yorker Krankenhauses gefunden und von einer wohlhabenden Verlegerfamilie adoptiert. Copley arbeitet später eine Zeitlang für die Zeitung seines Vaters; eröffnet in Beverly Hills eine Galerie für surrealistische Kunst, in der er 1949 die erste Max Ernst-Retrospektive zeigt, und beginnt als Autodidakt seine eigene künstlerische Tätigkeit als Maler.

Die erste museale Einzelausstellung hat er 1966 in Amsterdam. Nicht minder turbulent verläuft sein Privatleben: Copley heiratet sechsmal; mit Ehefrau Nr. 3 hat er Tochter Theodora, zu deren Geburt er 1972 auf rosarotem Hintergrund einen Kinderwagen malt. "Sexualität ist Teil des Lebens", meinte Theodora bei der gestrigen Vorbesichtigung mit Blick auf die zahlreichen erotischen Szenen, die sich zwischen vollbusigen Blondinen in Spitzenunterwäsche und Männern in Anzug und Hut abspielen.

Weil die im prüden Amerika der sechziger Jahre durchaus provozierend gewirkt haben, ist auf manch einem Bild auch gleich ein Sittenpolizist zur Stelle. Anfangs sichert das Vermögen der Familie William Copley die Unabhängigkeit, später der Verkauf seiner Surrealisten-Sammlung, die ihm 6 Millionen Dollar einbringt. So ist ein vielschichtiges, anspielungsreiches Werk entstanden, in dem sich der ungestüme Freigeist hemmungslos ausleben konnte - frech, respektlos, anzüglich und gelegentlich auch ungeheuer komisch.

Max-Ernst Museum, Brühl; bis 4. November. Di-So 11-18 Uhr. Katalog 29 Euro

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