Frank Turner im Brückenforum Punk trifft Poesie

Bonn · Frank Turner & The Sleeping Souls begeisterten mit einem phänomenalem Auftritt im Brückenforum. Ein Erlebnis.

 Frank Turner sucht immer wieder nach neuen Wegen.

Frank Turner sucht immer wieder nach neuen Wegen.

Foto: Thomas Kölsch

Dann eben Springen im Dunkeln. Geht auch. Das Brückenforum ist zwar in der Tat keine schöne Alternative zu einem Kunst!Rasen im Sonnenschein, aber die Verlegung des Konzerts von Folk-Punker Frank Turner, zu der sich die Veranstalter 24 Stunden vorher entschlossen haben, hat trotz einiger scharfer Kommentare im Netz und vergleichsweise wenigen Besuchern letztlich der herausragenden Stimmung keinen Abbruch getan.

Ungefähr 600 Fans sind zum Konzert des Briten gekommen, der 2012 bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele vor den Augen der Welt abrockte und den doch hierzulande nur wenige kennen. Dabei hätte Turner in Bonn locker 6000 Gäste verdient. Oder noch mehr.

Denn was der 34-Jährige zusammen mit seinen Sleeping Souls an diesem Abend präsentiert, ist nicht weniger als der wohl beeindruckendste und vor allem leidenschaftlichste Auftritt des bisherigen Jahres. Irgendwo zwischen den Pogues und Billy Bragg angesiedelt, sorgt der „Campfire Punkrock“, wie Turner seinen Stil 2006 treffend nannte, bei vielen für staunend klaffende Münder – und bei allen für Euphorie in Reinstform.

Von der ersten Sekunde des grandiosen Openers „I Still Believe“ an hat Turner die Menge fest im Griff, bezieht sie immer wieder in die Songs ein, lässt sie tanzen, toben und vor allem singen.

„Playback ist der totale Mist“, sagt er kurz vor „Glorious You“, „wir sind eine verdammte Live-Band und machen alles selbst – bis auf den Frauengospelchor, der hier im Keyboard eingesperrt ist. Aber den kriegt ihr wahrscheinlich ohnehin besser hin, oder?“ Natürlich. Ist zwar dann kein Gospel, der aus den Publikumskehlen schallt, aber zumindest eine Hymne. „Ihr seid verdammt gut“, lobt Turner später.

Ein Kompliment, das seine Fans nur zu gerne zurückgeben. Alle stehen inzwischen in Flammen, brennen für die ehrliche, erdige Musik des Singer/Songwriters, der seine Hardcore-Punk-Seite immer wieder durchschimmern lässt, ohne dabei Melodie, Harmonie und Textpoesie aus den Augen zu verlieren.

Ganz im Gegenteil lässt er es mitunter bewusst ein wenig ruhiger angehen: Auf Wunsch einiger Fans holt er in einem kleinen Solo-Block das nur selten gespielte „Redemption“ hervor, und auch „Josephine“ erhält einen gefühlvollen Balladen-Anstrich, der dem sonst eher vorpreschenden Song sehr gut steht. „Ich suche immer wieder nach neuen Wegen, um meine Stücke zu spielen“, sagt Turner dazu.

Gut so. Nur nicht stehenbleiben. Immer weitergehen. Beim nächsten Mal dann hoffentlich im Sonnenschein.

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