Crossroads-Festival in der Harmonie Powerfrau trifft Nahost-Rocker

Bonn · Das Doppelkonzert von Felin und Who killed Bruce Lee erwies sich beim WDR-Festival in der Endenicher Harmonie als absoluter Glücksgriff: Ein Feuerwerk phänomenalen Rocks.

Ein Besuch des WDR-Crossroads-Festivals hat fast immer etwas von einer Entdeckungsreise oder einem Griff in eine Wunderkiste voller Überraschungseier. Ein ums andere Mal laden die Organisatoren des Kult-Formats Bands in die Bonner Harmonie ein, die nur wenigen bekannt sind, aber als überaus vielversprechend gelten. Doch selbst langjährige Crossroads-Gänger waren beim Auftakt der aktuellen Staffel völlig verblüfft – und völlig begeistert.

Denn das Doppelkonzert von Felin und Who killed Bruce Lee erwies sich als absoluter Glücksgriff: Ein Feuerwerk phänomenalen Rocks, das nicht zuletzt dank einer charismatischen, heißen Finnin und eines coolen Libanesen bereits jetzt zu den Höhepunkten der Reihe zählen kann.

Vor allem der Auftritt von Felin war eine Offenbarung. Weniger wegen des angekündigten multimedialen Kunstprojekts, von dem man auf der Bühne nicht allzu viel mitbekam, als vielmehr wegen Sängerin Elin Blom. Die 22-Jährige mit dem kecken Kurzhaarschnitt zog von der ersten Sekunde an alle Blick auf sich, so dass die Video-Sequenzen im Hintergrund endgültig zur Nebensache wurden – die Musik sagte bereits alles aus, was es zu sagen gab. Intelligenter, vielschichtiger Rock mit leichter Synthi-Pop-Färbung, der die Präsenz von Blondie ebenso beinhaltet wie die musikalische Neugier von Florence + the Machine, die Wucht der Foo Fighters und die aufreizenden Posen von Pink (ohne dabei aber zu lasziv zu wirken), all das entströmte Elin Blom mit der Macht einer Sturmflut.

Ein ums andere Mal sang sie sich, nach einer ihrer ebenfalls starken Balladen Schwung holend, in Ekstase, riss sich irgendwann auch das glitzernde Oberteil vom Leib, ergab sich der Bühne – und schaffte es trotz allem, dies nicht als große Inszenierung erscheinen zu lassen, sondern als authentische, echte Leidenschaft. Ein Genuss für Augen und Ohren gleichermaßen, dem das Publikum gerne noch länger gefrönt hätte.

Andererseits hätte es dann Who killed Bruce Lee verpasst. Das Quartett aus dem Libanon stand Felin in Sachen Rock in nichts nach, auch wenn der Ansatz ein anderer war: Krachender, roher, dumpfer, ohne dabei an Qualität einzubüßen. Richtig einordnen ließen sich die vier bärtigen Herren dabei nicht, auch wenn Vergleiche mit den Arctic Monkeys ebenso nachvollziehbar waren wie die mit Queens Of The Stone Age oder Asaf Avidan. Ähnlich wie letzterer nutzte Frontmann Wassim Bou Malham die gesamte Bandbreite seiner Stimme aus, jagte hoch ins Falsett, nur um im nächsten Moment in einer sonoren Baritonlage fortzufahren oder eine seiner herrlich skurrilen Geschichten zu erzählen, die die Schizophrenie Beiruts verdeutlichen sollten, einer Stadt, in der man sich tagsüber bekriegen kann, nur um abends gemeinsam zu trinken. Oder zu tanzen. Was denn auch in der Harmonie geschah.

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