Karnevalsrevue in Bonn Das erwartet die Zuschauer von Pink Punk Pantheon

BONN · Die Karnevalsrevue Pink Punk Pantheon geht unter neuer Regie in ihre 35. Session. Rund 20 Nummern kommen auf die Bühne. Eine erste Zwischenbilanz der Proben.

Irgendeiner fehlt immer: irgendeiner, der gerade auf dem Gitterbalkon steht und sich vom Dachgeschoss des Solarworld-Gebäudes in Graurheindorf den Ausblick auf An- und Ablieferung, Containerbrücken und Multifunktionskräne am Bonner Hafen gönnt. Irgendeiner, der gerade Kaffee kocht oder im Probenraum ein Stock tiefer zu finden sein dürfte.

Gar nicht so leicht also, alle sieben Darsteller und fünf Musiker sowie Fritz Litzmann (Rainer Pause) und Hermann Schwaderlappen (Norbert Alich)– den Alterspräsident und der Vorsitzende des „1. FKKVB Heimatverein Rhenania n.V. 1983“ – zusammenzubringen. Gut zehn Minuten später – der Kaffee ist inzwischen durchgelaufen – hat aber sogar das geklappt.

Was an diesem Vormittag ansteht? Eine erste Zwischenbilanz der Mitte November begonnenen Proben und eine Vorschau auf die 35. Session der kabarettistischen Karnevalsrevue Pink Punk Pantheon. Und: Programm schon fertig? Allgemeine Heiterkeit in der Runde. Wer PPP kennt, lacht einfach mit. Wer nicht, dürfte in Erwartung eines vorzeigbaren Ablaufplans übelst auf Grund laufen.

Palestrina-Stil

Obwohl Kapellmeister Sangit W. Plyn, der bei PPP seit 1988 den Ton angibt, sich anschickt, das Ganze musikwissenschaftlich zu unterfüttern: „Wir spielen in diesem Jahr den Palestrina-Stil des frühen 16. Jahrhunderts. Hierbei ist besonders die Hemiole hervorzuheben – eine rhythmische Akzentverschiebung innerhalb eines Dreier-Taktes“, wie Plyn ausführt. Mit dem, was man gemeinhin ein Pokerface nennt.

Zumindest hat er damit Thomas Ulrich, der in diesem Jahr die Nachfolge von Molly Spitta auf dem Regiestuhl antritt, ein wenig Luft verschafft, um sich zu sammeln und die nächste Fragen annährend seriös zu beantworten. Wie also fühlt es sich so an als Neuer? Und welche Herausforderung erwartet ihn dabei, PPP nun für 450 Zuschauer auszurichten?

Just die Sitzung, die 15 Bonner Kabarettisten des Freien Kritischen Karnevalsvereins im Februar 1984 erstmals im Kessenicher Kleinkunstlokal Fettnäpfchen abhielten. In den folgenden 30 Jahren hat sich die Alternative zum bierernsten Sitzungskarneval (stets getreu Schwaderlapppens unwiderstehlicher Maxime: „Humor muss verwaltet werden“) herausgemacht und braucht den Vergleich mit der zeitgleich aus der Taufe gehobenen Kölner Stunksitzung wahrlich nicht zu scheuen. An 36 Spieltagen können bis zu 16.200 Jecken zusammenströmen – rechnerisch und praktisch auch.

Keine Einschüchterung

Davon lässt sich der Schauspieler, Dozent und Regisseur aus Köln allerdings nicht einschüchtern. „Ich schau mir an, was vor meinen Augen passiert, während ich spüre, da entwickelt sich gerade etwas.“ Das heißt nun wiederum nicht, dass Ulrich sich die Butter vom Brot nehmen ließe. Bei Theatervolk, das weiß er von Haus aus gut genug, „muss man manchmal auch Löwenbändiger sein“.

So gefährlich sehen Massimo Tuveri im Matrosenanzug und Maryam Yazdtschi mit ihrer pinkfarbenen Perücke aber eigentlich nicht aus. Sie zum Beispiel gehört seit 17 Jahren zum PPP-Ensemble und überrascht Session für Session mit ihrer souveränen Wandelbarkeit und dazu einer ausgesucht melodischen Stimme. Er – 2008 dazugestoßen und seitdem schlichtweg unverzichtbar – schwärmt von einer „Irrfahrt mit Licht am Ende des Tunnels ... oder auch umgekehrt“.

Sei's drum: „Ich beginne Strukturen zu erkennen“, wie Ulrich versichert. Ideen verdichten sich, werden konkreter. Die Darsteller fokussieren sich. Die Betriebstemperatur steigt: „Da ist schon viel Schönes dabei.“

Meister des verbalen Schnellschusses

Und die Führungsriege des FCKKK Rhenania? Hält sich derweil noch vornehm zurück. Fritz und Hermann sind Meister des verbalen Schnellschusses, sozusagen tagesaktuell aus der Hüfte heraus. So viel nur schon jetzt: Die Bonner Klimakonferenz Cop23 wird ein Thema sein, die Absage der FDP an Jamaika, Donald Trump und Kim Jong-un, der Diesel und die Katalanen. „Wir erwarten internationale Gäste“, verspricht Rainer Pause.

Die Anordnung der 14 üblichen Verdächtigen auf der Bühne? „Trichterförmig“, wie er mit feinsinnigem Lächeln andeutet. Die Dynamik? „Deutlich mehr Nurejew als Sladek“, fügt Alich trocken hinzu.

Und worin besteht der Reiz, sich immer wieder auf PPP einzulassen? „Für mich ist das ein riesiger Abenteuerspielplatz“, beschreibt die Schauspielerin und Kabarettistin Beate Bohr das Phänomen. „Hier dürfen wir von der Vereinsjugend selbst die Texte machen und unsere eigenen Ideen in den Ring werfen.“ Kabarettkollege Thilo Seibel steht den Pantheoniken dabei schon seit einigen Jahren beratend und unterstützend zur Seite.

20 Nummern

Gut und gern 20 Nummern kommen auf diese Weise zusammen. In einer konzertierten Aktion – einer der letzten Proben vor der Weihnachtspause – wird dann entschieden, was davon es zur Premiere am 28. Dezember schaffen wird.

Die Premierenlänge von gut vier Stunden ist ein Alleinstellungsmerkmal. Man könnte es auch als „Special Edition“ betrachten, mit reichlich Bonusmaterial. PPP-Experten schwören darauf.

Nach der Premiere gibt es einen zweiten Kehraus. Und spätestens bis Weiberfastnacht ist das Ganze „gut durchgesuppt“. An diesem Tag wird nicht gespielt. Und sei es, um den „Lieblichkeiten“ im Team wie Sia Korthaus die Chance einzuräumen, das speziell Beueler Brauchtum rundum zu genießen.

„Wir kämen sowieso nicht bis zum Saal durch“, sagt Pause. Denn in der Siegburger Straße, direkt vor den Toren des Pantheon, stellt sich der Zoch auf, Man könnte auch sagen: PPP ist in der neuen Heimat angekommen.

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