Pianist Martin Stadtfeld gibt Benefiz-Konzert in Telekom-Zentrale

Mangelnden Fleiß wird man dem Pianisten Martin Stadtfeld nicht nachsagen können. Seit der Veröffentlichung seiner Aufnahme von Bachs Goldberg-Variationen reißen sich Festivals und die großen Konzerthäuser um den dunkelhaarigen jungen Mann.

Bonn. Mangelnden Fleiß wird man dem Pianisten Martin Stadtfeld nicht nachsagen können. Sein Terminkalender weist jedenfalls eine enorme Konzertdichte auf. Seit der Veröffentlichung seiner Aufnahme von Bachs Goldberg-Variationen (Sony) reißen sich Festivals und die großen Konzerthäuser um den dunkelhaarigen jungen Mann, dessen äußere Erscheinung von der Art ist, dass er durchaus auch als Model sein Auskommen hätte.

Der vor 30 Jahren in Koblenz geborene Stadtfeld ist der wohl bekannteste deutsche Pianist seiner Generation, seine CDs steigen regelmäßig in die Top-Ten-Listen der Klassik-Charts auf. Eine hübsche Altbauwohnung in Berlins hippem Szene-Stadtteil Prenzlauer Berg stünde so jemandem gut zu Gesicht.

Tickets Karten in den GA-ZweigstellenDoch der junge Musiker hat, nachdem er Koblenz verließ, seine Zelte in Herne im Ruhrgebiet aufgeschlagen. Wenn die örtlichen Medien über ihn berichten, wie er hier Schulkindern seinen Beruf erklärt (was er oft und mit großer Leidenschaft tut), nennen sie ihn den "Wahl-Herner".

Für Stadtfeld darf es auch im Konzertalltag gerne mal die Provinz sein. Im Kulturwerk Wissen, das mitten im Westerwald liegt und dessen Industriebau-Atmosphäre und gute Akustik der Pianist schätzt, spielt er am 19. August drei frühe Beethoven-Sonaten (Ticket-Hotline (0 18 0) 5 04 03 00).

Selbst die in der Antoniuskirche in Waldbreitbach, die eher selten Künstler seines Formats beherbergt, tritt er auf. Am 3. Juli ist es soweit (Karten unter (0 26 31) 82 14 20). "Das sind kleinere Veranstalter, die mir ein bisschen ans Herz gewachsen sind", erläutert Stadtfeld sein Faible für Konzertorte abseits der großen Zentren.

"Da ist noch einmal eine kommunikativ andere Form, die man mit dem Publikum eingeht." Der Auftritt in Waldbreitbach sei freilich noch ein etwas anders gelagerter Fall. Mit dem Benefiz-Konzert hilft er einem Projekt, für das sich ein Arzt aus seiner alten Heimat engagiert. "Das ist eine sehr schöne Sache", sagt Stadtfeld, "weil es da um die sogenannten Müllkinder in Kairo geht, die da unter erbärmlichsten Bedingungen leben."

Er habe sich vorgenommen, "immer ein oder zwei Benefiz-Konzerte im Jahr zu geben". Ein weiteres gibt er am kommenden Samstag, 4. Juni, 20 Uhr, in der Telekom-Zentrale in Bonn. In diesem Fall stellt er seine Kunst der Bad Godesberger Bürgerstiftung Rheinviertel zur Verfügung, die mit den Einnahmen den Umbau des Sonja-Kill-Kindergartens zu einem integrativen Modell-Kindergarten für Kinder ab vier Monaten finanzieren will.

Das Programm besteht im Wesentlichen aus Stücken der neuen CD des Sony-Exklusivkünstlers, die den schönen Titel "Deutsche Romantik" trägt und eine ganz ungewöhnliche, exquisite Sammlung von Musikstücken versammelt. Da findet sich neben Schumanns "Waldszenen" und Brahms' Intermezzi etwa das ziemlich unbekannte Albumblatt für Betty Schott von Richard Wagner.

Und aus dessen Opern die Ouvertüre zu "Tannhäuser" und "Isoldes Verklärung" in Klavierbearbeitungen von Franz Liszt. Stadtfeld ist ein Bewunderer der Musik Wagners ("Ich fahre mit meiner Frau jedes Jahr nach Bayreuth"). Dass Liszts Bearbeitungen auch heute im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit ganzer Opernaufführungen ihren Sinn haben, daran zweifelt Stadtfeld nicht.

Man könne am Klavier viele Details herausarbeiten, die sonst eher im Verborgenen blühten. Zum Beispiel Wagners enorme Könnerschaft als Kontrapunktiker. "Ich versuche immer für mich selbst herauszufinden, welche Werke gut sind, welche sich wirklich lohnen", beschreibt er seine Repertoireauswahl.

"Das war gerade auch in Bezug auf die Platte mit der Musik des jungen Beethoven eine spannende Sache." Für ihn ist diese CD auch so etwas wie ein Grundlagenstudium gewesen, das er einer ganz intensiven Beschäftigung mit dem Komponisten vorangestellt hat, die er zurzeit betreibt.

Martin Stadtfeld ist überzeugt davon, dass man den "Titan Beethoven" nur verstehen könne, wenn man den Weg nachvollziehe, den das Talent Beethoven in Bonn begonnen habe. Das zweite Klavierkonzert, das Beethoven vor dem ersten komponierte, sieht er jetzt unter ganz anderen Vorzeichen; nämlich gar nicht dem Klischee "Beethoven wie aus Stein gemeißelt" entsprechend.

"Die Skizzen dazu fallen ja alle in die Bonner Zeit", sagt er. Beethovenfans, die eine Karten für Stadtfelds ausverkauften Beethovenfest-Auftritt am 24. September erhalten haben, können sich auf Musik des jungen wie des reifen Komponisten freuen. "Talent und Titan" heißt die Veranstaltung sinnigerweise.

Bonner Benefiz-Konzert4. Juni, 20 Uhr, Zentrale der Deutschen Telekom, Friedrich-Ebert-Allee 140: Benefizkonzert der Bürgerstiftung Rheinviertel.

Werke von Johann Sebastian Bach (Drei Orgelchoralvorspiele), Robert Schumann (Waldszenen op. 82), Richard Wagner (Ouvertüre zu "Tannhäuser"/Bearbeitung Liszt), Franz Liszt (Variationen über ein Motiv von Bach) Wagner (Isoldens Liebestod/ Bearbeitung Liszt), Karten für 34,10 Euro und 44,60 Euro (plus Vorverkaufsgebühren) in den Zweigstellen des General-Anzeigers und bei bonnticket.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort