Ausstellungen in Bonn Neues bei Sassen, im Esszimmer und im Euro Theater Central

BONN · Drei neue Ausstellungen sind ab der kommenden Wochen in Bonn zu sehen. Neus gibt es unter anderem in der Galerie Sassen, im Euro Theater Central und im Esszimmer zu bestaunen.

 Lieve Vanderschaeves Möwen-Formation auf Röntgenbildern im Euro Theater Central.

Lieve Vanderschaeves Möwen-Formation auf Röntgenbildern im Euro Theater Central.

Foto: Euro

Galerie Sassen

Wie man ein Motiv nach allen Regeln der Kunst ausschlachten und unter unter assoziativen Strom setzen kann, das versteht beispielsweise das stadtbekannte Künstlerpseudonym "The Pony". "Think pink" lautet die Devise jenes stets lächelnden, zu heiterer Laune stimulierenden Ponyemblems, das seine Spuren vorzugsweise auf Asphalt, Beton oder, wie aktuelle, auf Galeriewänden zu hinterlassen pflegt. In Gemälden von "The Pony" trabt das poppige Wesen gleich einem Designerlabel über Rollschuhe und Damenschuhwerk, verharrt maskenartig aufgedunsen in einem Wandobjekt.

Auch der grasgrüne "Hopper" des schwedisch-bolivianischen Duos Jonnson/Aquirre ist ein mit Synergien ausgestatteter Nomade. Lars Jonnson, Düsseldorfer Meisterschüler von Nan Hoover und Giovanna Aquirre, Meisterschülerin von Günther Uecker, nutzen ihr durchkonjugiertes Schlüsselmotiv gleichwohl als Scharnier für eine Genres übergreifende Bildwelt. Turbulent geht es parallel auf den Leinwänden und Papiergründen des Wahlkölners Thomas Steffens zu. Auf hintergründigen Farbverwehungen tritt ein mit Sprengstoff geladenes Universum in Erscheinung. Comicanklänge, Symbole, Chiffren, ein reichhaltiges Arsenal aus Kultur, Literatur, Kunstgeschichte, Zirkus verschwören sich scheinbar zu Themen wie "Hope an Glory". Eine feine Entdeckung ist die 1974 geborene belgische Künstlerin Juliette Bach. Die in den Bereichen Kunst und Kommunikation, kulturelle Anthropologie und Illustration ausgebildete Künstlerin beschert tiefgründige und gleichzeitig humorvolle Literatur zum Blickpunkt Individuum und Gesellschaft.

Galerie Sassen, Adenauerallee 124, bis 2. Juli. Mo- Fr 12 bis 18.30 Uhr, Sa 11 bis 14 Uhr.

Euro Theater Central

Dass Auftragskunst lohnende und prickelnde Ergebnisse abwerfen kann, das hat nunmehr Theaterchefin Gisela Pflugrath-Marteau in einer dementsprechenden Premiere zu schätzen gelernt. Das sehenswerte Ergebnis kann man, so Mitarbeiterin Ulrike Fischer, mit "Theater als Gesamtkunstwerk" umschreiben. Engagiert wurde die multimedial orientierte Künstlerin Lieve Vanderschaeve, die zum gerade im Euro Theater Central in Szene gegangenen "Ein Kind unserer Zeit" (1938) von Ödön von Horvath (1911-1938) eine faszinierende Installation entwickelt hat. Auf das Abenteuer der 1967 geborenen Absolventin der Genter St. Lukas Akademie stimmt ein Vorspiel ein; die Vitrine des Treppenhauses beherbergt erste Hinweise auf die Schlüsselthemen Verwandlung, Ambivalenz, Schwebezustände. Man sieht Motive wie Schneemann, Bombenkapseln, Kampfflugzeuge, Vögel.

Im Foyer frappiert zunächst eine feinsinnige Koordination zwischen Raumambiente und Gemälden, Zeichnungen sowie "Filmchen". Aus zusammengenähten Röntgenbildern kristallisiert sich das fesselnde Porträt einer grauweiß gefiederten Friedenstaube heraus. Gegenüber toben über bräunlich weiße Papiergründe wirre Schwärme von finsteren Stukas hinweg. Den Gegenpol dazu bildet auf nachtblauem Röntgenbildgrund eine in Reih und Glied geordnete Flotte von Möwen. Elegische Lyrik verströmt die blasse Skizze des zum Schneemann erstarrten Soldaten. In ihrer malerischen 3D-Animation inszeniert die langjährige Wahlbonnerin in Dünenlandschaften angesiedelte Kinderszenen.

Euro Theater Central, Dreieck Münsterplatz, bis Mitte Juli. Mo- Fr 16 bis 19 Uhr, Sa 11 bis 14 Uhr.

Das Esszimmer

Dramen von Ibsen, Prosa von Kafka, Beckett und Edgar Allen Poe und noch viel mehr die schillernde Filmwelt der schwarz-weißen Psychothriller (etwa Chabrol, Godard oder Polanski) steigen in der Erinnerung auf beim ersten Blickkontakt mit ihrem von Anbeginn packenden Projekt. Was die 1947 geborene, von der Bildhauerei kommende Dorothee von Rechenberg " A table" auftischt, ist ein Ensemble von Schwarz-Weiß-Fotografien, das vorwiegend im Zeichen von Intensität, Schleierhaftigkeit, Hinter- und Abgründigkeit steht. Das Interesse der an den Akademien von Münster und Kassel Ausgebildeten gehört der vibrierenden Dramatik ungelöster Situationen im Spiegel verworrener Architekturen und phantomartiger Figurenprojektionen. Es greift ein irreales, malerisch und melancholisch diktiertes Gesamtambiente. Das Spiel beginnt mit einer vertikal, horizontal sowie diagonal lesbaren Schwarz-Weiß-Sequenz.

Dorothee von Rechenberg versteht sich als "Künstlerin, die mit Fotografie arbeitet". Vertraut mit den Geheimnissen, Strategien von Filmproduktionen, erfahren auf dem Gebiet der experimentellen Fotografie, entwickelt sie auf diesen Fundamenten ihre ureigene, aus narrativen Bruchstücken zusammengeschmiedete, zwischen Drehbuch und Theaterinszenierung angesiedelte Bildwelt.

Deren kompositorische Basis bildet die Auswahl von abgelichteten, neben- und übereinander gelagerten Ausschnitten aus Filmszenen. Das Ergebnis raffinierter, technische Pannen einbeziehender Montagen sind traumhaft bis bedrohlich aufscheinende Irritationen durch tiefe und weite Außen- und Innenräume, bizarre Details, geisterhafte Licht- und Schattenreflexe und eine buchstäblich verrückte Menschenwelt.

Das Esszimmer, Mechenstr. 25, Finissage 18. Juli ab 19 Uhr. Do, Fr 15 bis 18.30 (0172/3832161).

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