Musiktheater "Barbara Strozzi" als Erstaufführung im Lampenlager

Sie war Komponistin, Sängerin, Muse, Kurtisane, Mutter von vier Kindern und sehr versiert in Geldangelegenheiten. Schon die pure Aufzählung dieser Attribute lässt Barbara Strozzi als eine außergewöhnliche Frau erscheinen.

Musiktheater "Barbara Strozzi" als Erstaufführung im Lampenlager
Foto: Thilo Beu

Bonn. Sie war Komponistin, Sängerin, Muse, Kurtisane, Mutter von vier Kindern und sehr versiert in Geldangelegenheiten. Schon die pure Aufzählung dieser Attribute lässt Barbara Strozzi als eine außergewöhnliche Frau erscheinen.

Nicht nur aus der Perspektive der Zeit, in der die 1619 in Venedig geborene uneheliche Tochter einer Hausangestellten lebte. Ihr Lebensstil wäre in jeder anderen Epoche genauso spektakulär. Fast schon erstaunlich, dass der in Bochum geborene Komponist Georg Graewe der erste ist, der das Leben dieser schillernden Frauenpersönlichkeit zur Grundlage eines Musikdramas macht.

"Barbara Strozzi oder Die Avantgarde der Liebe" hat er es genannt. Nach der Uraufführung im vergangenen Jahr in Luzern feierte es nun als "BonnChance!"-Produktion seine szenische Deutschlandpremiere im Lampenlager der koproduzierenden Bonner Oper. (Am vergangenen Samstag, dem ursprünglichen Premierentermin, hatte es wegen der ausgefallenen Videotechnik nur eine konzertante Version geben können.)

Während die Strozzi der Welt alles gegeben hat, ihre Liebe und ihre Kunst, geht Graewe den umgekehrten Weg: Er hat eine Oper der Verweigerung geschrieben. Für das Porträt einer Sängerin wird auf der Bühne erstaunlich viel gesprochen und debattiert. Und zwar in vier Sprachen.

Der Komponist reflektiert bewusst ahistorisch in 31 Szenen eher assoziativ über Strozzis Leben, wobei sogar Kreditkarten eine wesentliche Rolle im Libretto spielen. Wie Barbara Strozzis Musik klingt, darüber schweigt sich Graewes Partitur beharrlich aus. Selbst seine eigene, durchaus fein gesponnene und farbig instrumentierte Komposition, die der Dirigent Wolfgang Lischke mit 13 Musikern des Beethoven Orchesters sehr minutiös umsetzt, bleibt überwiegend im Hintergrund.

Was in diesem Falle auch buchstäblich zu nehmen ist. Denn der Blick auf die Instrumentalisten wird durch die roten Stellwände eines auf der Bühne aufgebauten Museums verdeckt, wo Regisseur Jörg Behr die Handlung ansiedelt.

Die Oper beginnt unspektakulär. Ein Mann - wohlhabend-distinguiert, graues Haar, schwarzer Anzug, rote Gamaschen auf schwarze Schuhe - schaut sich in einem Museum ein paar Bilder an. Es sind Stillleben des Barockzeitalters. Die Vergangenheit bleibt in dieser Oper Zitat. Später beginnen die videotechnisch generierten Bilder zu leben, kommunizieren regelrecht mit den Akteuren.

Karin Leuenberger hat hier eine ganz exquisite Arbeit vollbracht, der einige der stärksten Effekte der Inszenierung zu verdanken sind. Stefanie Wüst gibt mit vielen Kostümwechseln die Protagonistin, wobei sie die an Intervallsprüngen reiche Partie souverän bewältigt. Ihre drei Partner Renatus Mészár (Bass), Christian Specht (Tenor) und Giorgos Kanaris (Bariton), die sich ebenfalls häufig umziehen müssen, agieren viel Seelenblut. Herzlicher Beifall.

Service##ULIST##

Weitere Vorstellungen: 20. und 31. März, 15. April

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