Musical mit Gin und Swing Musical Chicago wird in Köln aufgeführt

Köln · "Come on, babe, why don’t we paint the town – and all that jazz.“ Langsam, verführerisch, äußerst sexy kommt diese Aufforderung daher. Das Muscial Chicago wird in Köln aufgeführt.

 Sparsames Kolorit, packende Choreografie: Szene aus „Chicago“ im Musical Dome Köln.

Sparsames Kolorit, packende Choreografie: Szene aus „Chicago“ im Musical Dome Köln.

Foto: Thomas Brill

Die Choreografie ist klein, abgezirkelt, schlicht, fast simpel. Jede Bewegung hat ein genaues Ziel, eine Endpose, die, wenn auch manchmal nur für den Sekundenbruchteil, gehalten wird. Und die mit einer Energie, die bis in Finger- und Fußspitzen geht, zum nächsten Punkt getrieben wird. Man kann es nicht anders sagen: Von dieser Eröffnungsnummer bis zum Finale liefert „Chicago“ in Sachen Tanz das Beste, was seit Langem im Musical Dome geboten wird – und noch mehr.

Das Musical von John Kander (Musik) und Fred Ebb (Texte) erzählt die Geschichte von Roxie Hart und Velma Kelly, zwei Tingeltangel-Tänzerinnen, die ihre Männer umgebracht haben und nun im Gefängnis um den Anwalt Billy Flynn buhlen. Denn nur er könnte es schaffen, sie vor dem Galgen zu bewahren... Die wilden 1920er werden zu einer Zeit stilisiert, die von Gin und Swing befeuert ist und in der Frauen ihren treulosen Gefährten zeigen, wo der Hammer hängt, rsp. Arsen, Messer und Revolver.

„Chicago“ entstand drei Jahre nach dem großen Filmerfolg von „Cabaret“, bei dem das Autorenduo schon mit dem Choreographen und Regisseur Bob Fosse zusammengearbeitet hatte. Und dennoch stand „Chicago“ immer im Schatten. Erst seit einem Revival 1996 wurde es zum Dauerbrenner und 2002 sogar mit Renée Zellwegger, Richard Gere und Catherine Zeta-Jones erfolgreich verfilmt.

In Köln ist nun eine englischsprachige Tourproduktion zu sehen, die auf jenem Broadway-Revival basiert – und ebenso auf allen Schnickschnack verzichtet. Das elfköpfige Orchester sitzt mit auf der ansonsten leeren Bühne, die Kostüme sind schwarz, ein Mix aus Abendgarderobe, Reizwäsche und Balletttraining-Outfits. Sparsam, sparsamer, „Chicago“.

Kraft der Imagination

Aber der Verzicht ist eine Tugend, und so können Fosses Choreografie, die Musik und die exzellenten Darsteller umso heller strahlen. Das Stück ist über weite Strecken als Revue konzipiert, in der die einzelnen Songs von einem Conférencier angekündigt werden – ein Kniff, den auch Brecht/Weill für die „Dreigroschenoper“ anwendeten. Und auch hier geht es um die Kraft der Imagination, die Behauptung wird zur Realität, und die Handlung kann vom Nachtclub über Gefängnis und Gerichtssaal wieder zurück an den Ausgangsort wechseln.

Auch die Songs wurden nicht so berühmt wie die aus „Cabaret“, es fehlte eine „Promoterin“ wie Liza Minnelli, die sie hätte in ihr Repertoire aufnehmen können. Bei der Premiere sangen mit Gwen Verdon (Roxie) und Chita Rivera (Velma) zwei große Broadwaystars die Hauptrollen, deren Strahlkraft jenseits des Theaters beschränkt blieb. „Chicago“ verfügt auch nicht über den einen Hit, kein „Memory“, kein „What I did for love“, kein „Send in the clowns“.

Doch dafür kreierten Kander und Ebb einen Score, der in seiner Genrezugehörigkeit „Vaudeville/Flüsterkneipe“ eindeutig bleibt und keine einzige schlechte Nummer enthält, auch wenn vielleicht vor allem „Razzle Dazzle“, „Nowadays“, „Roxie“, „When you’re good to Mama“ und vor allem der „Cell Block Tango“ herausragen. Und kaum ein Musical bietet so vielen verschiedenen Figuren Songs, mit denen sie allein im Rampenlicht stehen können.

Das mehrheitlich aus Südafrika stammende Ensemble nutzt diese Chance im Musical Dome – die Standing Ovations des Premierenpublikums waren nicht nur der Hoffnung auf Häppchen oder Gratisdrinks geschuldet.

2 1/2 Stunden (inkl. Pause). Bis 16.6., Mi-Sa 19.30 Uhr, Sa und So 14.30 Uhr, Pfingstmontag 18.30 Uhr.

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