Konzert in der Harmonie Miller Anderson Band: Schinkenblues mit Reggae-Rhythmen

Bonn · Die Miller Anderson Band hat in der Endenicher Harmonie ihren Spaß. Das Publikum ist begeistert, feiert die Klassiker „High Tide, High Water“ ebenso wie den Savoy-Brown-Hit „Boogie Brothers“.

 Henry Alexander Miller liebt den Blues.

Henry Alexander Miller liebt den Blues.

Foto: Thomas Kölsch

Anekdoten und Gitarrensoli – das reicht für einen unterhaltsamen Abend. Zumindest beim Auftritt von Miller Anderson, der mit seiner Band einmal mehr in die Harmonie gekommen ist und sich dort sichtlich wohl fühlt. Der 71-Jährige wirkt gelöst, entspannt, gut drauf. „Call me Mill“, sagt er augenzwinkernd. Na gut.

Zumal das allemal besser sei als die Initialen seines vollständigen Vornamens, wie Anderson betont: Henry Alexander Miller, kurz Ham, auf deutsch also Schinken. Ah. Vorsicht, Kalaueralarm. Andererseits erzählt Anderson diese Geschichten zwischen seinen Songs so überaus charmant, dass es eine Freude ist – und ohnehin ist man ja eigentlich aus einem anderen Grund hier. Um Musik zu hören. Guten alten Blues in allerlei Spielarten. Was denn auch geliefert wird.

Miller Anderson greift dabei auf ein bemerkenswertes Repertoire zurück: Stücke aus seiner Zeit bei der Keef-Hartley-Band, mit der er immerhin auch bei Woodstock war, treffen samt einiger psychedelischer Klang-Elemente auf klare Blues-Strukturen, über denen sich die abgeklärten Eskapaden des Chefs und seines Keyboarders Frank Tischer wölben.

Vom Shuffle-Blues in den Reggae

Letzterer erweist sich als begnadeter Tastenvirtuose, der mit flirrenden Fingern sein Instrument bearbeitet und ein ums andere Mal Szenenapplaus erhält, während Schlagzeuger Tommy Fischer expressiv und mitunter ganz schön wuchtig über die Drums jagt und Bassist Janni Schmidt sich immer wieder zu Funk-Einlagen hinreißen lässt. Anderson lässt das zu, hat gar seinen Spaß daran und wechselt einmal aus einem Shuffle-Blues kurzerhand selbst in einen Reggae, den er so ähnlich vor Ewigkeiten in Schottland gespielt haben will.

So souverän Anderson auch agiert, so überschaubar wirken zugleich seine Soli. Keine Frage, was er macht, macht er gut und überlegt, verzichtet auf großes Imponiergehabe und die bei anderen Gitarristen so beliebten Effekte – doch mitunter könnte er ruhig noch ein bisschen vorlauter und prägnanter sein, vor allem dann, wenn die rollenden Grundrhythmen die entsprechende Basis schaffen. Das Publikum ist dennoch begeistert, feiert Andersons Klassiker „High Tide, High Water“ ebenso wie den Savoy-Brown-Hit „Boogie Brothers“ und genießt. Was schließlich auch etwas wert ist.

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