Filmpremiere Maler, Musen und Millionen

Martina Müller stellt heute ihre Dokumentation „Geld Macht Kunst“ im Kunstmuseum Bonn vor

 Kritik mit einem Augenzwinkern: Der Konzeptkünstler Hans-Peter Feldmann malt George Washington auf der Ein-Dollar-Note eine Pappnase auf. Auf der Art Cologne ging er mit einem Plakat durch die Menge: „Hell erstrahlen alle Mienen bei dem schönen Wort verdienen“. Filmstill aus der Dokumentation,

Kritik mit einem Augenzwinkern: Der Konzeptkünstler Hans-Peter Feldmann malt George Washington auf der Ein-Dollar-Note eine Pappnase auf. Auf der Art Cologne ging er mit einem Plakat durch die Menge: „Hell erstrahlen alle Mienen bei dem schönen Wort verdienen“. Filmstill aus der Dokumentation,

Foto: Martina Müller

"Kaufhäuser werden zu Museen und Museen zu Kaufhäusern“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Christophe Rioux vor der von Frank Gehry gebauten Fondation Vuitton in Paris, neueste Errungenschaft von Bernard Arnault, einem der reichsten Männer der Welt. Er und sein Gegenspieler François Pinault, unter anderem Inhaber des Auktionshauses Christie's, „kontrollieren den Ablauf des Kunstsystems, da ist die gesamte Kette der Wertsteigerung in einer Hand“, erfährt man in Martina Müllers spannender Dokumentation „Geld Macht Kunst“, die heute Premiere im Kunstmuseum Bonn hat.

Eine knappe Stunde lang blicken Müller und ihr Team in den Abgrund eines perversen Kunstsystems, in dem es weniger um Kunst geht als um gigantische Gewinnmargen. Das ist nicht neu, aber man sieht es immer wieder gerne. „Über Kunst kann man mit denen nicht reden“, sagt der Kunstberater Michael Neff beim Betreten des Standes der Gagosian Gallery auf der Messe Frieze in London, nur über Preise könne man mit ihnen reden. Neff selbst schlängelt sich Bussi hier, Bussi dort über die Frieze und klopft Sprüche wie „das ist ein Flohmarkt“, „ziemlich knackig“ und „Kunst wird nicht durch den guten Willen bewegt, sondern durch ein Netzwerk von Beziehungen“.

„Es ist schlimm, vom Kunstbetrieb vereinnahmt zu werden“, liest die Künstlerin SEO von einem T-Shirt ab, „aber es ist noch schlimmer, nicht vom Kunstbetrieb vereinnahmt zu werden“. In dieser Klemme stecken nicht nur Künstler und Galeristen, sondern auch Museumsleute wie der Bonner Kunstmuseumsintendant Stephan Berg. Der klagt im Film über eine immer schwieriger werdende Ausstellungsarbeit mit sinkenden Etats und steigenden Versicherungsprämien, über die Notwendigkeit, zunehmend mit Sammlern zusammenarbeiten zu müssen, weil die öffentlichen Museen knapp bei Kasse sind. 150 000 Euro kann Berg pro Jahr für Kunstankäufe ausgeben, da sind keine großen Sprünge drin: „Ich kann keinen Richter, Polke oder Baselitz kaufen, glücklicherweise haben wir die schon“, scherzt Berg.

Müller entführt den Zuschauer in Bereiche, wo man über derlei städtische Ankaufsetats nur lacht. Bei Christie's etwa, wo ein „marktfrischer“ Akt von Modigliani versteigert wird und die Rekordmarke von 170 Millionen Dollar knackt. Oder auf die Biennale von Venedig, die als großer Verkaufsraum für die Top-Galerien fungiert. Oder in den Freihandelshafen von Genf, wo Kunst im Wert von 100 Milliarden Dollar lagert, verkauft wird, diese Steueroase aber nie verlässt. Allein eine Milliarde Dollar soll der Schweizer Kunsthändler Yves Bouvier bei Kunstgeschäften mit dem Oligarchen und Besitzer des Fußballclubs AS Monaco, Dimitri Rybolovlev, verdient haben. Kleinere Brötchen im Haus Achenbach: Müller berichtet vom Prozess gegen den Kunsthändler, der für überhöhte Provisionen in Höhe von 5,2 Millionen Euro sechs Jahre in Haft muss. Die geschädigten Aldi-Nord-Erben Berthold und Babette Albrecht, die en Gros allerlei Kunst und Oldtimer über Achenbach orderten, kommen in der Doku nicht schmeichelhaft weg. Als „angenehmen, geistreichen Typ“ bezeichnet der Kunstsammler Harald Falckenberg hingegen den Händler Achenbach, aber jeder habe gewusst, was der für Geschäfte mache. „Ein Menschenfänger erster Klasse“, gibt der Galerist Michael Schultz zu Protokoll.

Müllers Film ist ein unterhaltsames, knackiges Kunstmarkt-Bashing, ein Sittenbild mit sehr viel Kolorit – doch wenig neuen Erkenntnisgewinn. Bleibt zu bemerken, dass sich die überwiegende Zahl der Künstler und Galeristen gerade mal so über Wasser hält, und die meisten Museen nicht im Geld schwimmen. Vielleich kann man ja über die Mühen der Ebene auch einmal einen Film machen.

Martina Müller stellt ihren im Auftrag des WDR in Zusammenarbeit mit arte produzierten Film „Geld Macht Kunst“ heute, 19 Uhr, im Kunstmuseum Bonn vor. Im Anschluss folgt eine Diskussion mit Martina Müller, der FAZ-Kunstkritikerin Julia Voss und Kunstmuseumschef Stephan Berg. Der Eintritt ist frei.

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