"Die Willi Ostermann-Revue" Lieder des rheinischen Gefühlsathleten

BAD GODESBERG · Man muss des kölschen Idioms nicht mächtig sein, um Vergnügen zu haben an der "Willi Ostermann-Revue" von Volker Hein und H.P. Katzenburg. Das Publikum im fast ausverkauften Kleinen Theater Bad Godesberg beherrschte bei der besuchten Vorstellung freilich textsicher alle Refrains der Lieder, die den "rheinischen Gefühlsathleten" unsterblich gemacht haben.

Und natürlich folgt aus den Zuschauerreihen auch punktgenau das "Miau" auf "De Wienanz han ?nen Has em Pott". Dass das etwas verspätet auftauchende Ehepaar Schmitz nicht nur seinem urkölnischen Namen alle Ehre macht, sondern auch gleich mit seinen Spezialkenntnissen die Bühne erobert, gehört zu den vielen amüsanten Einfällen des Regisseurs und Schauspielers Volker Hein.

Charmant führt er durch die Lebensgeschichte des Kölner Volkssängers, der 1936 kurz vor seinem 60. Geburtstag starb. Von der Kindheit auf der "schäl Sick" in Mülheim und Deutz bis zur Ankunft im Himmel reicht der mit vielen Anekdoten, einigen Originaltönen und kleinen kritischen Anmerkungen gespickte Rückblick auf die steile Karriere des populären Künstlers. Hein imitiert ihn nicht, sondern bleibt bei aller Sympathie stets auf Distanz zu dem rothaarigen Genie, das dem Volksmund goldene Verse und kühne Reime entlockte und ohne jegliche Notenkenntnisse seine Hits komponierte.

Der allen Noten gewachsene Musiker H.P. Katzenburg (auch verantwortlich für die bezaubernde Ausstattung im Stil des frühen 20. Jahrhunderts) am Klavier mischt als Hommage an Bonn gleich zu Beginn einen Beethoven'schen Götterfunken ins heitere Potpourri und kommentiert auf den Tasten höchst amüsant die elterlichen Nöte auf der Suche nach einem Bräutigam: "Et Stina muss ?ne Mann han". Zugegeben: Fräulein Stina geizt hier im dazugehörigen Video-Einspieler entschieden mit weiblichen Reizen. Aber wer den lustigen Mini-Film "Wer hät dat vun der Tant gedaach" verpasst, weiß nicht, wie dramatische Kölner Nächte enden.

Spätestens bei der schrägen Polonaise in der Poppelsdorfer Villa Billa ist Schunkeln angesagt. Bis der virtuelle Kneipenwirt den Laden zumacht.

Als echte Vollblutschauspielerin entpuppt sich derweil Anne Schröder (alias Elisabeth Schmitz), während Johannes Fromm (alias Herr Schmitz) beherzt zum Quetschebüggel (hochdeutsch Akkordeon) greift, bis dunkler Rauch aufsteigt aus der putzigen Mietwohnung der Familie Palm. "Kutt erup! Bei Palms, do is de Pief kaputt".

Der hochdeutschen Phase im Schaffen Ostermanns in den 1930er Jahren widmet die intelligente Aufführung ein paar Streiflichter. Die inoffizielle Kölner Hymne "Ich mööch zo Foß no Kölle jon" verboten die Nazis später als heimliche Aufforderung zur Desertion.

Nächste Vorstellungen vom 3. bis 10. und vom 12. bis 16. September jeweils um 20 Uhr. Karten unter Tel.(0228)362839, Infos im Netz: kleinestheater-badgodesberg.de.

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