Elke Heidenreich im GA-Interview Liebe, Streit und andere Worte

Bonn · Schriftstellerin und Journalistin, Moderatorin, Rezensentin, Kabarettistin, Librettistin: All das und noch viel mehr ist Elke Heidenreich. Nächste Woche liest sie in Bad Godesberg aus ihrem neuen Buch.

 Elke Heidenreich: Schriftstellerin und Journalistin, Moderatorin, Rezensentin, Kabarettistin, Librettistin

Elke Heidenreich: Schriftstellerin und Journalistin, Moderatorin, Rezensentin, Kabarettistin, Librettistin

Foto: Bettina Flittner

GA: Salamander Lurchi auf dem Buchtitel – mit Lesebrille, Füller und Perlenkette: Sind dies alles Requisiten Ihrer Erzählungen?

Elke Heidenreich: Ja, all das. Perlen, Füller, Lurchi und das Poesiealbum meiner Großmutter kommen in den Geschichten vor.

GA: Sie hätten in Bonn einen großen Saal füllen können. Warum treten Sie in einer kleinen Buchhandlung auf?

Heidenreich: Weil es die kleinen Buchhandlungen sind, die viel für uns Autoren tun, und weil oft ein naher Kontakt mit dem Publikum schöner ist. Und weil ausgerechnet in dieser sehr schönen Buchhandlung auch noch ein wunderbarer Flügel steht, auf dem mein Freund zur Lesung spielen wird.

GA: Was verbindet Sie mit Bonn?

Heidenreich: Ich habe in der Clara-Schumann-Schule Abitur gemacht. Es waren schöne und fast glückliche Jahre, von 1958 bis 1963.

GA: Sie leben jetzt in Köln. Sind Sie eine echte rheinische Frohnatur?

Heidenreich: Nein, weder rheinisch noch Frohnatur.

GA: Kaum vorstellbar: Sie sollen 1972 im Literaturmagazin des Südwestfunks noch schüchtern aufgetreten sein?

Heidenreich: O ja, ich war nicht sehr selbstbewusst, unerfahren, ängstlich, aber sicher in meinem Reden über Bücher, auch damals schon.

GA: Und wann wurden Sie, wie die Süddeutsche formuliert, vorlaut?

Heidenreich: Ich bin und war nie vorlaut. Ich sage nur meine Meinung, auch dann, wenn es unbequem ist.

GA: Wir haben Sie noch als Else Stratmann in Erinnerung. Woher kamen die Themen, über die sich Stratmann ausließ?

Heidenreich: Das waren oft Aufträge von SWF 3, über eine bestimmte Fernsehsendung etwa zu reden, die Olympiade zu kommentieren, über Fürstenhäuser und Prominente zu tratschen. Da war Else Stratmann umfassend informiert.

GA: Was würde uns die Metzgersgattin Stratmann zu Donald Trump oder zur heutigen Lage rund um Wanne-Eickel und Köln erzählen?

Heidenreich: Ich weiß nicht, was Else sagen würde. Seit 1988 gibt es sie nicht mehr, und ich denke nicht mehr in ihren Gehirnwindungen. Im Ruhrgebiet war ich auch ewig nicht. Und Köln kommt immer mehr herunter, durch Fehlplanungen und Unfähigkeit – ist aber noch immer liebenswert.

GA: Man kennt Sie auch von den „Brigitte“-Kolumnen. Wie würden Sie uns heute anstupsen?

Heidenreich: Keine Ahnung. Die ewigen Themen bleiben im Grunde immer gleich. Ich habe von 1983 bis 2000 für „Brigitte“ über alles Menschenmögliche geschrieben, das wäre heute ja nicht anders: Liebe, Ärger, Alltag, Verlust, Träume…

GA: Sie haben ab den 1980ern wichtige deutsche Talkshows moderiert. Gibt es unvergessene Momente für Sie?

Heidenreich: Ja, sicher. Wunderbare Begegnungen und herrliche Kräche, auch Freundschaften entstanden in der Zeit, zum Beispiel mit Heiner Geissler, die besteht immer noch.

GA: Wie finden Sie aktuelle Talkshows?

Heidenreich: Ehrlich gesagt schaue ich die fast nicht an und gehe auch nur sehr selten als Gast hin. Ausnahmen bestätigen die Regel.

GA: Ist Bücherschreiben inzwischen für Sie Passion?

Heidenreich: Ich schreibe gern. Else Stratmann guckt da hoffentlich nirgends mehr raus. Ich habe ja mit ihr 1988 aufgehört, damit sie sich eben nicht in meinem ernst gemeinten Schreiben herumtreibt.

GA: Ab den 1990ern schreiben Sie einen Bestseller nach dem anderen. Würden Sie jungen Autoren heute Mut machen?

Heidenreich: Ich bin kein Ratgeber. Mut muss sich jeder selbst machen.

GA: Welche Rolle spielt die Literaturkritik, in der Sie ja maßgeblich mitmischen?

Heidenreich: Ich mische nicht so direkt mit, ich bin ja eher auf der emphatischen Seite der Literaturempfehlung. Die Kritiken sind mir mitunter zu verkopft, manchmal auch eitel oder am schlimmsten: zynisch. Aber wir können beruhigt sein: Kritiken bewirken kaum etwas für oder gegen ein Buch. Das Buch macht seinen Weg allein in den Köpfen der Leser.

GA: Sie haben ein paar sehr bekannte Schriftsteller kritisiert. Wie verkraften Sie selbst deren Reaktionen?

Heidenreich: Ich habe manchmal gesagt, dass ich das oder jenes persönlich nicht mag, habe es dann auch nicht besprochen. Und wer in die Öffentlichkeit geht, muss Umarmungen und Ablehnungen ertragen, wobei die Umarmungen oft schlimmer sind.

GA: Jetzt schreiben Sie auch Opern-Libretti. Sie sind für den Text zuständig, Ihr Freund Marc-Aurel Floros für die Musik? Wie klappt die Zusammenarbeit?

Heidenreich: Er ist ein sehr begabter Komponist, mit dem ich schon seit Mitte der 1990er zwölf Jahre lang an der Kölner Kinderoper zusammen gearbeitet habe. Dann haben wir zwei Opern zusammen entwickelt: „Gala Gala“ wurde 2006 in Köln uraufgeführt und „Adriana“ 2015 bei dem Festspielen in Rheinsberg. Die Zusammenarbeit macht große Freude.

GA: Und wie wird Ihre Arbeits-teilung bei der Bonner Lesung sein?

Heidenreich: Ich lese kurze und kürzeste Geschichten aus meinem neuen Buch „Alles kein Zufall“, und er lässt sich auf die Stimmung der Geschichten ein und spielt dann dazu passende Klavierstücke. Er war früher Konzertpianist.

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