"PassionenStationen" Kunstprojekt in Bonn verteilt sich auf 14 Orte im gesamten Stadtgebiet

BONN · Der Lärm unter der Autobahnbrücke ist ohrenbetäubend. Aber er sei auch heilig, sagt Künstlerin Joana Brunkow. Dieses 24-stündige Donnern über den Asphalt habe längst jedes über Jahrhunderte das Stadtleben bestimmende Läuten von Kirchenglocken abgelöst. Brunkow hat für das startende stadtweite Kunstprojekt "PassionenStationen" unter der Nordbrücke eine der 14 Stationen gestaltet - und dafür im Kloster Maria Laach gefertigte Glocken an der Brückendecke installiert.

 Unter den Glocken: (von links) Axel von Dobbeler, Joahnnes Sabel, Christoph Schreier und Susannah Cremer-Bermbach.

Unter den Glocken: (von links) Axel von Dobbeler, Joahnnes Sabel, Christoph Schreier und Susannah Cremer-Bermbach.

Foto: Frommann

Sie werden hier nicht geläutet. Maximal ein feiner Klangteppich entstehe, wenn der Wind die innen liegenden Segel zum Schwingen bringen, sagt Professor Axel von Dobbeler, Leiter des Evangelischen Forums, einer der Initiatoren. Die Passion Jesu in ihrer zentralen Bedeutung für den christlichen Glauben wolle dieses gemeinsame Kunstprojekt der beiden kirchlichen Bildungswerke, des Kunstmuseums und der Stadt in den Fokus stellen.

"Wir zeigen Passion in ihrer doppelten Bedeutung von Leiden und Leidenschaft, impulsgebend für die kulturelle Entwicklung der Menschheit", sagt von Dobbeler gegen den Verkehrslärm. Um diese Schlüsselfunktion erneut ins Bewusstsein zu rücken, seien evangelische und katholische Gemeinden aufgefordert worden, auf ihrem jeweils gemeinsamen Gebiet säkulare Orte des Leids und der Leidenschaft im öffentlichen Raum zu benennen. 19 Bonner Gemeinden beteiligten sich.

"Die von den Initiatoren ausgewählten 14 Orte schließen öffentliche Plätze, städtebauliche Schnittstellen und einen Wald ebenso ein wie eine Schule, einen Bahnübergang, ein Ruderclubhaus und ein biomedizinisches Forschungszentrum", sagt Johannes Sabel, Leiter des Katholischen Bildungswerks. Man habe bewusst Randorte, ja Unorte gewählt, an denen sich die gesellschaftliche Wahrheit weit besser erschließe als auf den üblichen Schokoladenseiten.

"Wir fragen uns also genau zur Passionszeit hier am Rande Bonns, was uns Menschen wirklich ausmacht", so Sabel. Zwölf renommierte Künstler seien gewonnen worden, die Ideen für eine Markierung der Orte des Leids und der Leidenschaft mittels akustischer Interventionen zu entwickeln, so Christoph Schreier, stellvertretender Direktor des Kunstmuseums Bonn.

"Der besondere Charme liegt also nicht nur in der Verschränkung künstlerischer und religiöser Weltwahrnehmung, sondern auch darin, das Gedenken an die Passion Christi durch Verbindung mit säkularen Orten in neuer Weise zu erden."

Junge Leute der evangelischen Lukasgemeinde seien in der Projektvorbereitung direkt zu den Bewohnern an der Brücke gegangen, sagen die beiden beim Projekt Nordbrücke ökumenisch kooperierenden Gemeindepfarrer Michael Schäfer und Peter Adolf.

Sie hätten hier am erst durch den Brückenbau entstandenen sozialen Brennpunkt erschreckend viele Abstürze und latente Gewalttätigkeit vorgefunden. "Trotz Schallschutz verfluchen die Menschen diesen Bau, den wir alle wie selbstverständlich täglich nutzen", berichten die Pfarrer über die bestürzenden Erfahrungen ihrer Gemeindejugend.

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