Kunstmuseum Bonn verleiht zwei Bilder von August Macke

"Die Sammler können machen, was sie wollen"

August Mackes  "Stillleben mit Apfelschale und japanischem Fächer" aus dem Jahr 1911.

August Mackes "Stillleben mit Apfelschale und japanischem Fächer" aus dem Jahr 1911.

Foto: ga

Bonn. Erst am Sonntag hatte Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann bei der Verabschiedung von Dieter Ronte, Direktor des Kunstmuseums, noch das Hohelied auf die Gunst und die Kunst der Sammler gesungen.

Da wusste sie schon von dem neuen Aderlass des Kunstmuseums und der Absurdität der Bezeichnung "Dauerleihgabe" in Zeiten, da Sammler - siehe den Fall Lauffs in Krefeld - eher strategisch und pragmatisch mit diesem Begriff umgehen.

Das Kunstmuseum Bonn verliert zwei Werke von August Macke, zwei "Dauerleihgaben" von Privatleuten, die zum Kernbestand des Hauses gehören. Nach dem Verlust von Gerhard Richters "Stadtbild Madrid" aus der Sammlung Grothe im Jahr 2003 erneut ein herber Schlag.

Mackes farbenprächtiges, an dessen Beschäftigung mit Matisse erinnerndes "Stillleben mit Apfelschale und japanischem Fächer" aus dem Jahr 1911 soll im Auktionshaus Sotheby´s unter den Hammer kommen. Bei der nächsten Frühjahrsauktion soll der Bonner Macke mit 1,5 Millionen Euro aufgerufen werden.

Nächste Auktion mit deutscher Kunst ist Anfang Februar in der Londoner Sotheby´s- Filiale in der New Bond Street, ab Januar touren die "Highlights" durch halb Europa. Nach Auskunft des Kunstmuseums ist das Macke-Stillleben bereits abgehängt worden. Bonnern, die sich von dem wunderbaren Werk verabschieden wollen, bleibt nur noch der Blick auf die Homepage des Museums, dort erscheint es unter den herausragenden Beispielen aus der Sammlung des Rheinischen Expressionismus.

Ein weiteres Macke-Bild, ebenfalls Dauerleihgabe eines privaten Sammlers, soll auf der Maastrichter Antiquitätenmesse TEFAF (7. bis 16. März 2008) angeboten werden. Nach Angaben des stellvertretenden Kunstmuseums-Direktors Christoph Schreier handelt es sich um das "Selbstbildnis mit Hut" (1909).

Für Volker Adolphs, im Museum unter anderem zuständig für die Rheinischen Expressionisten, ist es "das wichtigste Selbstporträt von Macke - mit hohem Identifikationswert für Bonn". Die beiden Kunsthistoriker bauen auf die noch laufenden Verhandlungen mit dem Bonner Sammler und Besitzer des Bildes. "Wir haben Hoffnung und kämpfen um das Bild", meint Adolphs. Woher aber die Million kommen soll, die das Bild kostet, weiß auch er nicht.

Der große Hunger des Kunstmarktes nach deutscher Kunst des Expressionismus wirkt auf Sammler offensichtlich verführerisch. "Beim deutschen Expressionsmus gibt es Nachholbedarf", meinte Christie´s-Pressesprecherin Bendetta Roux, als Anfang November Mackes "Paar im Wald" bei Christie´s in New York alle Rekorde brechen sollte.

Bei 15 bis 25 Millionen Dollar lag der Schätzpreis, das wäre Weltrekord für Macke. Doch es klappte nicht: Das "Paar im Wald" fand im Rockefeller Plaza keinen Käufer; für Christie´s kein Grund zur Trauer: Rekordträchtige 395 Millionen Dollar brachten die Impressionisten und Modernen in New York.

Keine vier Wochen später kam erneut ein Macke unter den Hammer, die "Frau mit Papagei" vom Juli 1914. In der Auktion der Villa Grisebach ging das Gemälde für 2,38 Millionen Euro über den Tisch - und an eine deutsche Privatsammlung. Der höchste Preis, der jemals für einen Macke in Deutschland gezahlt wurde. Europarekord dürften die 4,4 Millionen Euro für "Zwei Frauen vor dem Hutladen" bei Sotheby´s in London sein.

Bei solchen Preisen kann ein Haus wie das Kunstmuseum Bonn nicht mithalten, betrachtet man einem jährlichen Ankaufsetat von rund 150 000 Euro. Und so müssen die Bonner immer wieder zusehen, wie Leihgaben von ihren Eigentümern versilbert werden. 2003 etwa wurde von der Familie Macke aus dem Nachlass des Künstlers das Aquarell "Gelbes Segel" im Auktionshaus Lempertz in Köln versteigert.

15 Jahre war das Werk als Dauerleihgabe im Kunstmuseum beheimatet. Die Liste der Verluste durch veräußerte Leihgaben ist lang. 2001 etwa kamen 45 Werke der Sammlung Grothe, deren "Heimathafen" Bonn war, bei Christie's in New York unter den Hammer. Darunter war "Der Hirte" von Georg Baselitz, ein Gemälde, das auf Steuerkosten nicht nur in Bonn gepflegt, sondern auch auf Reisen geschickt worden war.

Bernd und Hilla Bechers "Fördertürme" oder Großformate von Andreas Gursky, allesamt alte Bekannte aus dem Kunstmuseum Bonn, kamen ebenfalls für Grothe in New York unter den Hammer. Außerdem Arbeiten von Kiefer, Baselitz, Polke und anderen. Das Kunstmuseum als Durchlauferhitzer für Sammler-Kunst.

Der spektakulärste Dauerleihgaben-Verkauf aus dem Kunstmuseum heraus geht auf das Konto des Grothe-Sohns Thomas: Rund acht Millionen Euro brachte im Jahr 2003 Gerhard Richters "Stadtbild Madrid", eines der wichtigsten Bilder der Bonner Sammlung, das Kunstmuseumschef Ronte damals in seiner Bedeutung fürs Museum mit Mackes "Seiltänzer" verglich.

Er hätte es übrigens auch kaufen können, doch der städtische Etat reichte nur für die Hege und Pflege von Grothes "Stadtbild Madrid". Gerhard Richter prägte damals ein Wort, das noch immer Gültigkeit hat und die Machtlosigkeit der Museen treffend bezeichnet: "Die Sammler können machen, was sie wollen."

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