Theater im Ballsaal Krönender Abschluss des Tanzfestivals

ENDENICH · Schöner hätte das von Ballsaal und Brotfabrik gemeinsam veranstaltete Tanzfestival "Into the Fields" kaum zu Ende gehen können. "For Movement's Sake" von David Hernandez ist Bewegung pur.

Poesie ohne Worte, körperliche Dichtung, getragen von der Musik Dietrich Buxtehudes. Die geistlichen Kantaten des großen Lübecker Barockmeisters werden nicht tänzerisch illustriert, sondern in ihrer feingliedrigen Struktur als Bewegung begriffen. Die drei Tänzer (Nina Hänel, Colas Lucot und der Choreograf David Hernandez selbst) werden quasi zu Stimmen in einem theatralen Konzert. Oder zu Teilen einer Klangarchitektur.

Im transparenten Bühnenbild von Katrijn Baeten und Saskia Louwaard überlagern sich Architekturelemente und schaffen in der Lichtregie von Hans Meier einen magischen Raum, in dem die Tänzerkörper sich aufzulösen scheinen. Um dann wieder hervorzutreten und sich zu verwandeln in konkrete Geschöpfe, die den Tönen nicht folgen, sondern sie im Moment ihrer Erscheinung aus sich heraus sichtbar machen.

Einmal legt Hernandez eine Vinylplatte auf und zeigt damit das Fremde und Gegenwärtige der alten Klangsprache, der der Tanz seine eigene Semantik gegenüberstellt. So wie gesungene Sprache mit Bedeutung aufgeladen wird, die über den reinen Text hinausweist. Zu der Passions-Kantate "Membra Jesu nostri", die den Körperteilen des Gekreuzigten gewidmet ist, entledigen die Tänzer sich ihrer Oberbekleidung und zeigen ihre Bewegungen unverhüllt.

Das geht unter die Haut wie der brausende Orgelklang und die anfängliche Kantate "Bedenke Mensch, das Ende, bedenke deinen Tod". Leise schwebt dazu ein luftiges, silbrig glänzendes Objekt durch den Raum. Eine Seele vielleicht oder ein Spiegel des heiligen Geistes, ohne den die irdische materielle Existenz nur der Bewegung halber da wäre. "For Movement's Sake" wagt jedoch den Sprung von der Inspiration zur spirituellen Transzendenz sinnlicher Schönheit. Begeisterter Beifall im ausverkauften Ballsaal.

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