Kommentar zum Spielplan des Bonner Theaters Kollektiv kreativ

Meinung | Bonn · Bevor Bonns Schauspielchefin Nicola Bramkamp am Dienstag den Spielplan der neuen Saison vorstellte, gedachte sie des Verlustes der Halle Beuel, der für das Schauspiel ein schmerzlicher sei, wie sie sagte.

An diesem Ort wurde Bonner Theatergeschichte geschrieben, schon bei der Eröffnung im Oktober 1984 mit Peter Eschbergs spektakulärer Inszenierung von Karl Kraus' "Die letzten Tage der Menschheit", die gerade wegen des Gegenentwurfs zum traditionellen Guckkasten zu einem Ereignis wurde. So etwas wird es in Bonn nicht mehr geben.

Ihr ist freilich auch sehr bewusst, dass der Verzicht auf die Halle Beuel zugleich die Rettung der Sparte Schauspiel bedeutet. Denn im Gegenzug werden die Kammerspiele Bad Godesberg saniert. Nur deshalb habe man dieses Opfer bringen können, sagte Bramkamp. Man sieht: Die Sparzwänge, die dem Theater Bonn auferlegt werden, greifen längst massiv in den künstlerischen Bereich ein.

Dennoch war gestern bei der Spielplanvorstellung für Oper, Schauspiel und Tanz wenig Larmoyanz zu verspüren. Das wäre angesichts der insgesamt sehr angespannten Haushaltslage auch nicht angemessen. Denn trotz der reduzierten Mittel lässt sich mit viel Fantasie und Kreativität ein mehr als achtbarer Spielplan auf die Beine stellen.

Der vor seiner Vertragsverlängerung stehende Generalintendant Bernhard Helmich und sein Team haben jedenfalls eine Theatersaison vorbereitet, auf die man sich freuen darf. Das hat unter anderem auch damit zu tun, dass Helmich die Möglichkeiten zu Kooperationen klug auszunutzen versteht.

Zum Beispiel die bereits mit seiner ersten Spielzeit 2013/14 begonnene Zusammenarbeit mit der English National Opera in London. Das Haus aus der Hauptstadt der Briten freut sich darüber, in Bonn hervorragend ausgestattete Werkstätten vorzufinden, mit denen es seine Bühnenentwürfe realisieren kann. Die Bonner wiederum finden es gut, im Gegenzug die Produktionen an den Rhein holen zu können.

In der kommenden Saison wird man auf diese Weise Gelegenheit haben, John Adams' oratorische Oper "The Gospel According To The Other Mary" von 2012 als szenische deutsche Erstaufführung erleben zu können. Mit Peter Sellars als Regisseur. Das hat Erstliga-Niveau.

Ein anderes Beispiel ist die Zusammenarbeit mit der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf und Duisburg und dem Dortmunder Opernhaus, mit denen das Bonner Haus gemeinsam jedes Jahr eine neue Familienoper stemmt.

In der kommenden Saison wird es Jörn Arneckes Astrid-Lindgren-Adaption "Ronja Räubertochter" sein. Mit vollem Orchester und Sängern aus der ersten Reihe. Da wird große Oper für die Kleinen gemacht. Dass die Mehrheit der Bonner Ratspolitiker gern mit Helmich weitermachen will, ist kein Wunder.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort