Freunde des Kunstmuseums Bonn Klaus Zerres: Ich wollte ein Zeichen setzen

Bonn · Professor Klaus Zerres verabschiedet sich am Sonntag als Vorsitzender der Freunde des Kunstmuseums Bonn. Sein Nachfolger ist der Journalist Rolf Clement. Ein Porträt.

Der Neujahrsempfang des Vereins Freunde des Kunstmuseums Bonn war immer ein Moment der stolzen Rückschau auf Erreichtes und der Formulierung von Plänen und Aufgaben für die Zukunft. Wer diese quasi rituellen Veranstaltungen über die Jahre verfolgt hat, erinnert sich gerne an einen seltenen emotionalen Ausreißer Anfang 2011, als die Wellen über dem sogenannten Bürgerhaushalt von Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, „Bonn packt's an“, mit seinen vielen bizarren Vorschlägen für eine Art Abwicklung des Kunstmuseums und weiterer Kulturinstitutionen zusammenschlugen.

„Sie haben die Büchse der Pandora geöffnet“, zürnte der Vorsitzende der Freunde Klaus Zerres und forderte den Kulturdezernenten auf: „Schumacher, pack's an!“ Kunstmuseumsintendant Stephan Berg legte nach: „Da wird nur Gesinnung, Meinung abgefragt“, kritisierte er, „heraus kommen Gesinnungsrülpser – daraus kann keine tragfähige Politik entstehen“. Im kleinen Kreis wurde Zerres noch deutlicher. Hier hatte der freundliche Professor der Humangenetik an der RWTH in Aachen den sonst gepflegten Weg der noblen Zurückhaltung verlassen. Es war der richtige Ort, der richtige Zeitpunkt. Im Tandem mit Berg zeigte Zerres Flagge.

Beim Neujahrsempfang der Freunde des Kunstmuseums Bonn steht an diesem Sonntag erneut ein wichtiger Moment auf dem Programm: Der 1949 in Düsseldorf geborene Zerres wird nach zehn Jahren im Amt offiziell verabschiedet. Der Wechsel hatte sich schon vorher im Stillen zusammen mit weiteren Veränderungen im Vorstand vollzogen: Der Bonner Journalist Rolf Clement (64), ehemaliges Mitglied der Chefredaktion des Deutschlandfunks, folgt auf den emeritierten Professor Zerres.

Der hatte das Amt in schwieriger Zeit übernommen und hat den Verein, der rund 160 Mitglieder zählt, konsolidiert. Etwa 100 000 Euro schießt der Verein jährlich für Aktivitäten des Museums hinzu, so für die Kinderausstellungen, die Art-Abende, aber auch für Neuerwerbungen. Für E.W. Nays „Schwarz-Grün“ (1967) etwa sammelte der Verein drei Jahre lang. Previews, Kunstsonntage, Atelierbesuche und Kunstreisen prägen das Vereinsleben. Mitglieder zahlen 500 Euro im Jahr, eine Juniormitgliedschaft für Kunstfreunde bis 37 Jahre beläuft sich auf 200 Euro.

Stärkung des Museums als Aufgabe

Berg, der vor bald zehn Jahren seine Intendanz in Bonn antrat und schon im Vorfeld auf Zerres getroffen war, lobt an diesem besonders, „dass er ein Grundanliegen des Museums sofort verstanden und befördert hat: Den Kernpunkt der Sammlung und deren Stärkung als zentrale Aufgabe des Vereins“. „Für ihn standen nicht der Event, das glitzernde soziale Ereignis oder die Feier der eigenen Person im Vordergrund, sondern die Stärkung des Museums“, sagt Berg, der von einer echten Allianz und engen Übereinstimmung mit Zerres und dem Verein der Freunde schwärmt. Auch persönlich schätzt Berg den dem Temperament nach viel reservierteren Zerres: „Er ist klug und abgeklärt, zurückhaltend und unbestechlich gegenüber persönlichen Verlockungen.“ Zerres sei, so Berg weiter, „ein durch und durch wissenschaftlich denkender Mensch mit großem Verständnis für das andere Potenzial, das Kunst zu bieten hat“.

Neben den zahlreichen Ankäufen für die städtische Sammlung, die mithilfe der Freunde realisiert werden konnten, hebt er Zerres' Engagement im Restitutionsfall des Bildes „Leuchtturm“ von Paul Adolf Seehaus aus jüdischem Besitz hervor. Für Zerres sei es überhaupt keine Frage gewesen, dass man handeln und sich zur historischen Vergangenheit bekennen müsse. Mit einem fünfstelligen Betrag konnte das Werk durch den Verein erworben und für Bonn gesichert werden. „Es ging darum, ein Zeichen zu setzen“, sagte Zerres dieser Zeitung.

Gerade diese Haltung lobte auch Jürgen Wilhelm, Vorsitzender des Landschaftsausschusses des LVR, der Zerres und den Verein der Freunde 2014 mit dem „Rheinlandtaler“ auszeichnete. Der Verein habe die moralische Verpflichtung deutlich gemacht, „das Unrecht zu benennen und wenigsten materiell zu entschädigen“. „Lernt man Sie kennen“, sagte Wilhelm über Zerres, „so erlebt man auf den ersten Blick einen stillen, aber was die Leidenschaft der Kunst betrifft, einen überaus lebendigen und kreativen Menschen.“ Er ziehe sich nicht in den „Elfenbeinturm der Behaglichkeit“ zurück, „wenn das kulturelle Wetter rauer werde“.

Jede Pointe sitzt

Freilich ist Attacke nicht Zerres' Lieblingsdisziplin, lieber die intellektuelle, eloquente, oft mit viel Wortwitz und genüsslichem Sarkasmus vorgetragene Rede. Unvergesslich seine launige Performance zur Verabschiedung des ehemaligen Kunstmuseumschefs Dieter Ronte in den Ruhestand. Da saßen jede Geste, jede Beobachtung, jede Pointe. Beachtlich auch sein intellektuell hochgesteckter Vortrag, in dem er der Kunst und dem Künstlerischen mit dem Vokabular und der analytischen Dichte der Naturwissenschaften beizukommen versuchte.

Der Verein steuert nach dem nicht ganz konfliktfreien Wechsel in eine neue Phase. Berg möchte ihn gerne mehr als „gesellschaftspolitisches Instrument“ verstanden wissen und sieht in Clement und dem zum Teil erneuerten Vorstand das geeignete Personal, um eine stärkere Öffnung und intensivere kulturpolitische Ausrichtung zu erreichen.

Clement sagte zu Zerres: „Er hat den Verein mit Hingabe, klarer Orientierung und großem Einsatz geführt. Damit hat er Maßstäbe gesetzt. Als einen seiner ersten Beschlüsse hat der neue Vorstand Zerres die Ehrenmitgliedschaft im Verein der Freunde angetragen. Wir werden das beim Neujahrsempfang feiern.“ Und Zerres freut sich auf die Ehrenmitgliedschaft: „Mit Persönlichkeiten wie Karl-Wilhelm Wedel, Dorothea von Stetten, Wilfried Fitting, Jürgen Hall und Ludwig Krapf fühle ich mich in bester Gesellschaft.“

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