Karl-Theo Stammer bekommt im Künstlerforum die August-Macke-Medaille

Am Sonntag wird der Künstler die Auszeichnung entgegennehmen. Gleichzeitig wird eine Werkschau eröffnet, die einen facettenreichen Überblick über sein Oeuvre bietet, sich dabei auf neuere Arbeiten konzentriert.

 Bonn-Bruneck-Wien, das ist das Magische Dreieck von Karl-Theo Stammer, da lebt er auf.

Bonn-Bruneck-Wien, das ist das Magische Dreieck von Karl-Theo Stammer, da lebt er auf.

Foto: Thomas Kliemann

Gefühlte Minusgrade in Auerbachs Keller, wie der Künstler Karl-Theo Stammer sein Atelier in der Dorotheenstraße nennt, das über eine steile Treppe erschlossen wird. Stammer scheint die Kälte nicht viel auszumachen. Er ist das, was man in seiner Wahlheimat Bruneck (Südtirol) wohl als einen Naturburschen bezeichnet. Die 60 sieht man dem drahtigen Wanderer, Bergsteiger und Rennradfahrer, der Dolomitenpässe ebenso unsicher macht wie die Eifel, nicht an. Und er freut sich, dass er die August-Macke-Medaille nicht erst mit 80 Jahren fürs Lebenswerk bekommt, sondern jetzt mitten im Schaffensdrang. Am Sonntag wird er die Auszeichnung im Künstlerforum entgegennehmen. Gleichzeitig wird eine Werkschau eröffnet, die einen facettenreichen Überblick über sein Oeuvre bietet, sich dabei auf neuere Arbeiten konzentriert.

Seit über drei Jahrzehnten setzt er mit seinen Linolschnitten und Zeichnungen in der Bonner Kunstszene Akzente. 1988 erhielt der gebürtige Sinziger den Hans-Thuar-Preis und das Stipendium der Stadt Bonn, fünf Jahre später folgte der Bonner Kunstpreis. Bekommen hat Stammer diese Ehrungen für ein Werk, das ständig in Bewegung ist, offen für Experimente stets das Neue sucht. Treffend spricht er von seinem Atelier als Labor. "Hier kann ich in mich herabsteigen und neue Bildinhalte finden", sagt er.

Was im Labor entsteht, füllt inzwischen Grafikschränke und Bilderrahmen. Er hat Liniengespinste mit der Nagelschere ausgeschnitten und präsentiert sie als filigranes, lichtdurchlässiges Relief zwischen zwei Glascheiben. Das Labor ist auch der Ort, wo mit verschiedenen Graphitstiften und Schablonen experimentiert wird, wo Zeichnungen entstehen, bei denen sich später jeder fragt, wie sie wohl entstanden seien.

Woher plötzlich starkfarbige Pastellbilder mit floralen und an Landschaft erinnernden Motiven kommen und dem Werk eine ganz neue Temperatur und Richtung geben, dafür hat Stammer die schönste aller Erklärungen: "Die Liebe hat mich beflügelt, die Pastelle flossen mir vom Herz in die Hand." In Bruneck, der Stadt, die Stammer seit 1965 kennt, dem Jahr, als sein Freund Konrad Beikircher sich von Bruneck nach Bonn aufmachte, entstand ein dickes Konvolut farbenprächtiger Pastelle. Alle beflügelt von einer Frau.

Doch nicht nur die Weiblichkeit inspiriert den Maler, auch vom Wind und Wetter gegerbte Gesichter von Bauern und Vieh-Händlern faszinieren ihn. Seit Jahren schon fotografiert Stammer auf dem Stegener Markt in Bruneck Männer, die wie die Urenkel des Freiheitskämpfers Andreas Hofer aussehen in ihren gemusterten Jacken und mit uralten Hüten. Im Künstlerforum zeigt er neben Graphitzeichnungen, die kleine Fächerformen aufweisen, den Pastellen aus Bruneck und seinen bekannten Linoldrucken mit ihrem Spiel aus Grafik und farbiger Fläche eine große Auswahl seiner Südtirol-Fotos.

"In Bonn präsentiere ich mich das erste Mal als Fotograf", sagt Stammer, der sich auch als Meister der Ironie gibt. Denn neben die Bilder der Bauern und Viehhändler hängt er Impressionen von der Art Cologne. Kunst und Vernissagegäste treffen auf rauschebärtige Südtiroler, Kunstmarkt trifft Bauernmarkt. Witz, ein Gespür für Farben, Formen und Situationen prägt diese Fotos wie auch die Linolschnitte und Zeichnungen. Alles im Fluss.

Die "Nonchalance und Infantilität des Rheinländers" beansprucht Stammer für sich. Er liebt Wien und die Musik von Berg bis Zemlinsky und lebt auf in den Bergen von Bruneck. "Das ist mein magisches Dreieck", sagt einer, der mit Blick auf die Bonner Marienkirche in der Nordstadt lebt. August Macke, nach dem die Medaille benannt ist, hatte einen ganz ähnlichen Blick. Nicht die einzige Parallele zwischen Stammer und Macke: "Ich bewundere ihn als Zeichner und finde seine Delaunay-Phase grandios."

Künstlerforum Bonn, Hochstadenring 22-24; 12. Februar bis 4. März. Eröffnung und Übergabe der August-Macke-Medaille am Sonntag, 12 Uhr. Di-Fr 15-18, Sa 14-17, So 11-17 Uhr

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