Im Kammermusiksaal Kölner Alte-Musik-Experte Andreas Staier leitet den Meisterkurs

Bonn · Der Musiker Muzio Clementi habe einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf Ludwig van Beethoven ausgeübt, meint der Pianist Andreas Staier. Wenn der Kölner Alte-Musik-Experte vom 24. bis 28. Juni den 4. Beethoven-Meisterkurs für Kammermusik leitet, will er Clementi, der viele Jahre seines Lebens in London wirkte, durchaus ins Rampenlicht stellen.

"Heute ist der Blick auf die Klassik wegen Haydn, Mozart und Beethoven sehr auf Wien fokussiert", bedauert Staier. Für die Entwicklung des Virtuosentums aber gebe es zur Beethovenzeit keinen interessanteren Ort als London mit seiner um die Wende zum 19. Jahrhundert hin sich rasant entwickelnden Pianistenszene. Staier sieht in Clementi den ersten Vertreter eines neuen Virtuosentyps, der im 19. Jahrhundert mit Chopin, Liszt oder auch Clara Schumann zur Blüte kam.

Heute ist das Klavierwerk Clementis eher in den Klavierstunden präsent als im Konzertsaal. Daran hat selbst Vladimir Horowitz wenig ändern können, der die Klavierwerke des 1752 in Rom zur Welt gekommenen Komponisten fest in sein Repertoire aufgenommen hatte. In der heutigen Pianisten-Generation zählt Andreas Staier, der Ehrenmitglied des Vereins Beethoven-Haus ist, zu den wichtigsten Clementi-Interpreten und -Fürsprecher.

Neben den Klavierwerken des gebürtigen Römers spielen auch die des Böhmen Johann Ladislaus Dussek (1760-1832), der in London die glücklichste Zeit seines Lebens verbrachte, eine wichtige Rolle in Staiers Meisterkurs. Sie flankieren sozusagen die Klavierwerke Beethovens, die ebenfalls gespielt und diskutiert werden. Die vier jungen Teilnehmer und das Publikum des fürs Publikum geöffneten Kurses werden da sicherlich auch ein paar Überraschungen erleben.

Denn in mancher Hinsicht sei Clementi in seinem Klavierwerk "viel rigoroser als Beethoven", sagt Staier. Gespielt wird im Kammermusiksaal nicht nur auf dem Steinway, sondern erstmals im Rahmen eines Meisterkurses auch auf den hauseigenen historischen Instrumenten: den Broadwood-Flügel von 1817 und den Graf-Flügel aus dem Jahr 1824.

Die Teilnehmer Olga Pashchenko, Dmitry Gladkov, Sergej Lukashuk und Michail Shilyaev stammen alle aus Russland. Anselm Gerhard, Professor an der Universität Bern, wird am Eröffnungsabend des Meisaterkurses einen Überblick zum Thema "Beethoven, Clementi und die Londoner Musikszene" geben.

Öffentliche Proben: 24./25./ 27. Juni, jeweils 10-13 Uhr und 16-18 Uhr; 26. Juni, 10-13 Uhr, Meisterkurs-Werkstatt: 24. Juni, 19 Uhr; Abschlusskonzert der Teilnehmer: 28. Juni , 19 Uhr. Karten für Proben und Konzert in den Bonnticketshops der GA-Zweigstellen.

Infos im Internet: www.beethoven-meisterkurs.de

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