Unverwüstliches Bühnenabenteuer Junges Theater feiert 50-jähriges Bestehen

Bonn · Mit der „Schatzinsel“ feiert das Junge Theater Bonn sein Jubiläum im Thalia. Regisseur Lachnit hat den Stoff neu für die Bühne bearbeitet.

Weder über die geografische Lage der berühmtesten Schatzinsel der Welt noch über den Marktwert des Schatzes von Captain Flint wissen wir nach pausenlosen knapp 70 Minuten mehr, als uns der schottische Schriftsteller Robert Louis Stevenson in seinem 1883 erstmals in Buchform erschienenen Abenteuerroman verraten hat. Aber mit welch wahnwitzigem Tempo das Theater alle seit 2003 durch die Kinos geisternden „Pirates of the Carribian“ überholen kann, beweist die Inszenierung von Andreas Lachnit im Metropol-Kuppelsaal.

Mit Stevensons „Schatzinsel“ eröffnete das Junge Theater Bonn (JTB)1979 sein großes Haus in Beuel. Mit der „Schatzinsel“ feiert das JTB nun das fünfjährige Bestehen seiner Studiobühne in der Thalia-Buchhandlung am Marktplatz.

Regisseur Lachnit hat den Stoff neu für die Bühne bearbeitet und mischt dabei pfiffig erzählerische und szenische Passagen. Präsentiert wird die spannende Geschichte von zwei Schauspielern, die mit rasanten Rollenwechseln ein Dutzend Figuren verkörpern. Pascal Scurk, am JTB auch zu sehen in „Der kleine Rabe Socke“, ist der junge Jim Hawkins. Thomas Krutmann, zum ersten Mal am JTB engagiert, zuvor schon am Euro Theater Central, spielt den alten Jim, der sich viele Jahre später an sein großes Abenteuer erinnert.

Aber das ist nur der Anfang einer atemberaubenden Theaterreise. Krutmann gibt auch den versoffenen alten Piraten Bill Bones, dessen frühere Kumpane Schwarzer Hund und Blinder Pew, den gerissenen einbeinigen Long John Silver, den zwielichtigen Ben Gunn und den Gutsherrn Squire John Trelawney, der unter seinen Locken nicht allzu viel Verstand verbirgt. Ihm ist es immerhin zu verdanken, dass das Segelschiff „Hispaniola“ in See stechen kann, nachdem Jim in den Besitz der Schatzkarte des berüchtigten Piraten Captain Flint gelangt ist. Seine Redseligkeit ist leider auch der Grund dafür, dass die Mannschaft überwiegend aus Mitgliedern von Flints einstiger Piratencrew besteht.

Wechsel zwischen den Identitäten

Mit weißer Perücke und noblem Gehrock mimt Scurk den tüchtigen, menschenfreundlichen Arzt Dr. David Livesey, Jims väterlichen Freund. Zudem überzeugt er als heimtückischer Bootsmann Israel Hands. Scurk gelingt sogar das Kunststück, mitunter gleichzeitig in zwei Rollen anwesend zu sein, im Apfelfass die Verschwörer zu belauschen und ihnen gerade noch zu entwischen. In der Ausstattung von Katharina Kastner (Bühne und Kostüme) funktionieren die raschen Wechsel zwischen Identitäten und Schauplätzen einfach fabelhaft.

Da genügen ein paar Perücken und kleine Kostümveränderungen, um die Figuren kenntlich zu machen. Da werden Segel gehisst, die auch als Projektionsfläche taugen. Alles ist anschaulich vorhanden: die Seemannskneipe von Jims Vater, der flackernde Kamin in Trelawneys Herrenzimmer, die halsbrecherische Schiffstakelage, Flints Blockhaus, Inselwald und Meeresrauschen.

Gern werden Messer gewetzt, Pistolen gezückt und pulverdampfende Schlachten imaginiert zum Sound-Design von Christian Steinborn. Es geht also ziemlich robust und politisch völlig unkorrekt zu beim Kampf um einen ungeheuren Seeräuberschatz. Dabei wird der rote Faden der gegen Ende des 18. Jahrhunderts angesiedelten Story ungemein witzig versponnen. Im lustigen Tumult entstehen differenzierte Charaktere, die weder nur gut oder böse sind, sondern einen gerechten Anteil am unrechtmäßig eroberten Besitz haben wollen.

Man muss diese Botschaft jedoch nicht überbewerten, sondern darf schlicht Spaß haben an dem tollkühnen Bühnenabenteuer für Publikum ab acht Jahren. Hingerissener Premierenbeifall!

Nächste Familienvorstellungen am 29. März/12. April um 18.30 Uhr und am 30. März/13. April um 15 Uhr. Weitere Termine unter www.jt-bonn.de, Karten auch bei allen Ticketshops des GA.

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