Ausstellung der Künstlerin Isa Genzken in Bonn Irritationen im öffentlichen Raum

Das erste Werk, dem der Besucher in der neuen Ausstellung der Bundeskunsthalle begegnet, könnte als Auftakt nicht besser gewählt und platziert sein. Eine überdimensionale bunte Comicfigur schwebt zwischen engen Häuserzeilen und wird dort von Menschen und Seilen in der Balance gehalten.

 "Macy's Parade": Eine Frau betrachtet das Modell, das Isa Genzken für Münster schuf.

"Macy's Parade": Eine Frau betrachtet das Modell, das Isa Genzken für Münster schuf.

Foto: Franz Fischer

Die Szene zeigt als Modellbau eines von 35 Außenprojekten (20 davon wurden realisiert) von Isa Genzken und hier ist bereits alles zu sehen, was diese ungemein produktive und international bedeutende Künstlerin ausmacht.

Mit oftmals überraschenden Eingriffen und Materialien schafft sie Perspektivwechsel im öffentlichen Raum, die den Menschen als Bezugssystem nehmen und ihm neue Möglichkeiten geben, einen speziellen Ort zu erfahren. Die Irritation wird effektvoll in Szene gesetzt und der städtebaulichen Situationen der kritische Spiegel vorgehalten, aber fast immer ist das Augenzwinkern zu spüren, mit dem Isa Genzken an ihr Vorhaben herangegangen ist.

Miniaturwelten mit Liebe zum Detail

Die Ausstellung in der Ostgalerie der Bundeskunsthalle baut auf "All the World's Futures" von der Biennale in Venedig im letzten Jahr auf, wo bereits 23 Modelle von Außenskulpturen zu sehen waren. Die Bonner Präsentation vervollständigt erstmals dieses ungewöhnliche Konvolut im Gesamtwerk der Künstlerin, so dass man durchaus von einer Mini-Retrospektive sprechen darf.

Selten hat es mehr Spaß gemacht, durch eine Ausstellung zu gehen, in der fast ausschließlich Modelle zu sehen sind. Die Miniatur-Welten, für deren Herstellung Genzken mit einem Modellbauer zusammenarbeitete, schaffen die perfekte Kombination aus Abstraktion und geradezu liebevoll wirkender Detailfreude, die der Fantasie auf die Sprünge hilft. Wie bei der eingangs beschriebenen Szene, die zum Projekt "Macy's Parade" gehört und die Genzken für das Skulptur Projekt Münster 2017 entworfen hat. Falls die Idee realisiert wird, würden die riesigen Ballonfiguren bei der Parade nicht durch die Häuserschluchten von New York, sondern durch Münster gezogen, was die Größenverhältnisse in einer Stadt, aber auch die von Städten zueinander in Beziehung setzt.

2007 vertrat Isa Genzken, die an der Kunstakademie Düsseldorf bei Gerhard Richter studierte (und mit ihm elf Jahre verheiratet war), Deutschland bei der Biennale in Venedig. Damals rüstete sie die umstrittene 30er-Jahre-Architektur des deutschen Pavillons demonstrativ ein und hängte eine orangefarbene Plastik-Gitterfolie davor. Mit Richter entwarf sie 1992 die U-Bahnstation König-Heinrich-Platz in Duisburg und setzte dort Email- und Edelstahlplatten als mehrfarbige Verkleidung der Wandflächen ein.

Bisher nicht realisiertes Projekt für Bonn

Für ihre erste öffentliche Außenskulptur in den USA installierte Genzken 2009 eine acht Meter große Rose vor dem New Museum in New York und hätte ebenfalls gerne für Amsterdam eine Installation mit überdimensionalen Blumen verwirklicht. Vier 30 Meter hohe Tulpen aus Stahl sollten neben dem Autobahnstadtring im Wind leicht schwingen.

Auch für Bonn gibt es ein bisher nicht realisiertes Projekt. Die raumgroße Architektur aus Beton umschließt mit hohen Mauern ein mit Wasser gefülltes Becken und gewährt an einer Seite Einblicke in den Innenraum. Der Brunnen könnte in einer parkähnlichen Umgebung stehen, aber für welchen konkreten Standort Isa Genzken das Projekt geplant hat, ist bisher nicht bekannt. Das wolle man aber noch herausfinden, versprach Ausstellungskuratorin Susanne Kleine.

Kunst- und Ausstellungshalle Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, bis 17. April; Di-Mi 10-21, Do-So 10-19 Uhr. Sonn- und feiertags können Besucher mit Kunstvermittlern in der Ausstellung ins Gespräch kommen. Kuratorenführungen werden am 19.1. um 14 Uhr und am 23.2. um 18 Uhr angeboten. Ein Katalog erscheint Ende März.

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