Incubus begeistern in der Lanxessarena

KÖLN · Knapp 10.000 Fans wollten sich in der Kölner Arena, wo Incubus das einzige NRW-Konzert ihrer World Tour gaben, ein Bild vom stilistischen Status quo der Band machen.

"Wenn nicht jetzt, wann dann?", hatten sich Incubus offenkundig gefragt, als es die alternativen Rocker aus dem kalifornischen Calabassas (LA County), fünf Jahre nach dem US-Nr.1-Album "Light Grenades", mal wieder in ein Aufnahmestudio zog.

Als Comeback-Ergebnis hatte das Quartett im Sommer ihrer Fangemeinde "If Not Now, When?" präsentiert. In dem Album, das eine markante Weichenstellung vorgenommen hatte - vergleichbar mit der neuen Haltung der CDU zum Mindestlohn -, lag durchaus die Gefahr, die bislang treue Gefolgschaft zu spalten.

Gefühlsbetonte Balladen gehörten stets zum Repertoire der Härtesten unter den Harten und waren auch für Incubus eigentlich nichts Neues. Aber die überwiegend ruhigen, bisweilen rein akustischen Songs von "If Not Now, When?" empfand ein nicht unerheblicher Teil der Anhänger bestenfalls als gewöhnungsbedürftige Zumutung, manche gar als Verrat, als ein Desertieren in Pop-Gefilde, in denen ansonsten U2, Coldplay oder Kings Of Leon als Platzhirsche röhren.

Knapp 10.000 Fans wollten sich aber in der Kölner Arena, wo Incubus das einzige NRW-Konzert ihrer World Tour gaben, selbst ein Bild vom stilistischen Status quo der Band machen. Incubus sind clever und präsentieren sich mit "Megalomaniac" gewohnt druckvoll, mit Ben Kimmeys wummerndem Bass, den treibenden Rhythmen von Jose Pasillas, schneidenden Gitarrensounds von Mike Einziger und den lässigen Scratches von Chris Kilmore.

Dreh- und Angelpunkt ist nach wie vor Frontmann Brandon Boyd, dem die Band die zweifelsfrei höchste weibliche Fanquote unter den lautstarken Bands zu verdanken hat. Sein Charisma erscheint als Kreuzung aus Mick Jagger und Jim Morrison, zappelige, ruppige Energie verbindet sich mit einfühlsamer Sensibilität.

Wie auf dem Albumcover vollführt Incubus den perfekten Drahtseilakt zwischen dem gewohnten Funk-Metal-Crossover und neuen moderaten Tönen, auch wenn "Switchblade" durchaus mit den heftigen Klassikern mithalten kann. Zwanzig Jahre sind seit Bandgründung vergangen, und da passiert zumindest bei intelligenten Menschen so einiges im Kopf. "Defiance" wirkt als wunderbar innige Komposition, und quasi als Bekräftigung der Wirkungsweise leiser Töne folgt eine akustische Fassung von "Love Hurts", die Einzinger und ein niederkniender Boyd, wahrlich zum Niederknien, intonieren.

Incubus verdienen Respekt für ihren Mut, sich mit leisen Tönen Gehör zu verschaffen. Die Botschaft kam an, wie der frenetische Applaus eines begeisterten Publikums bewies.

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