Karnevalskonzerte des Beethoven Orchesters Igudesman & Joo machen die Musik bunt

Bonn · Für die an der Yehudi-Menuhin-School bei London ausgebildeten Musiker und Comedians ist der Spaß eine wichtige Sache. Ihre Bonner Auftritte sind bereits ausverkauft.

 Geiger Aleksey Igudesman und Pianist Hyung-ki Joo.

Geiger Aleksey Igudesman und Pianist Hyung-ki Joo.

Foto: Wesely

Sie sind zwar keine lupenreinen Rheinländer, aber für gute Laune beim Publikum werden sie dennoch sorgen. Die Herzen der Musiker des Beethoven Orchesters und ihres Chefs Dirk Kaftan haben Igudesman und Joo bereits im Sturm erobert. Gerade hat das Musik-Comedy-Duo mit den Bonnern eine Probe für die beiden Karnevalskonzerte am Wochenende hinter sich gebracht. „Die Karnevalsstimmung ist schon zu spüren“, sagt ein sichtlich gut gelaunter Igudesman nach getaner Arbeit im Künstlerzimmer des Brückenforums. Auch wenn der Humor des Duos nicht unbedingt das Prädikat karnevalistisch trägt. „Er ist vielleicht eher kannibalistisch“, witzelt Joo. „Aber Karneval gibt es ja nicht nur in Köln“, wendet Igudesman ein. „Auch in Brasilien und in Venedig feiern sie, was wir in unserem Programm auch aufgreifen.“

Der im damaligen Leningrad geborene Geiger Aleksey Igudesman und der britisch-koreanische Pianist Hyung-ki Joo liefen sich Mitte der 1980er Jahre in der Yehudi Menuhin School in der Nähe von London über den Weg. Da waren sie gerade zwölf Jahre alt, wurden mit anderen hochbegabten Kindern auf eine Musikerkarriere vorbereitet. Die verlief freilich ein bisschen anders als bei den meisten ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler. Sie entdeckten irgendwann ihre besondere Mission: Musik und Spaß zusammenzubringen. Den haben sie mittlerweile nicht nur auf der Bühne, sondern auch wenn sie für Kollegen wie Hans Zimmer oder Billy Joel arbeiten oder das Start-up „Music traveler“ gründen, das reisenden Musikern nach dem Vorbild von Airbnb Probenräume vermittelt.

Die Spaßmotivation des Duos gründet auf einer einfachen Beobachtung: „Wir finden, dass die Musiker in den Orchestern eher versteckt sind“, erklärt Joo. „Sie tragen alle dieses schwarze 'Trikot', diesen Frack, der ohne eigenen Charakter, ohne Duft ist. Aber eigentlich stecken in diesen Fräcken ja Menschen. Sie haben alle eigene Persönlichkeiten.“ Für Igudesman, der eine auffallend rote Schirmmütze trägt, ist die durch die schwarze Dienstkleidung repräsentierte künstlerische Haltung, allein der Musik zu dienen, nicht mehr zeitgemäß. „In unseren Shows werden sie als Individuen hervorgehoben. Das funktioniert an Karneval, wenn die Musiker verkleidet sind, natürlich besonders gut. Aber wir finden, in diesem Sinne könnte man Karneval das ganze Jahr feiern. Wir zelebrieren die Buntheit der Musik und finden, dass man heutzutage selbst Beethoven mit Latinomusik mischen darf.“

Anarchistisches Treiben mit Tönen

Irgendwie fühlen sich Igudesman und Joo bei ihrem anarchischen Treiben auf der Bühne auch als Propagandisten guter Musik, die über das Medium Humor ganz unterschiedliche Gruppen anspricht. Kinder, Erwachsene, Musiker und Nicht-Musiker. „Unser Witz findet auf verschiedenen Ebenen statt. Es ist für alle etwas da. Manche amüsieren sich einfach über den musikalischen Slapstick, und für diejenigen, die sich auskennen, gibt es viele versteckte Ostereier“, sagt Igudesman.

Gerade die „Ostereier“ sind es, die Stars der Klassik-Szene reizen, mit dem Duo zusammenzuarbeiten. So wirken Igudesman und Joo auch ein bisschen als Schlüssel zur humoristischen Seite eines Gidon Krämer, einer Janine Jansen, eines Emanuel Ax oder Joshua Bell.

Gerade erst haben sie in der New Yorker Carnegie Hall einen Auftritt mit der chinesischen Pianistin Yuja Wang absolviert. Der Kritiker der „New York Times“ fand's nicht lustig und warf ihnen Sexismus und Rassismus vor. Das Duo sieht das freilich anders. „Wie haben Yuja dazu gebracht, dass sie gesungen, sogar gerappt und einen Breakdance hingelegt hat. Welcher klassische Topsolist macht das schon?“, sagt Igudesman. Und was die Kritik angeht: „Da ist die extreme politische Korrektheit in den USA. Wir haben uns darüber lustig gemacht, dass Yuja so sexualisiert wird, und alle Asiaten in eine Schublade gesteckt werden. Aber der Humor ist so wichtig, um auf Dinge und Probleme aufmerksam zu machen. Und gerade in unseren humorlosen Zeiten muss man die Eier haben, sich über solche Tendenzen lustig zumachen.“ Und Joo ergänzt: „Wir gehen in eine Richtung, wo alles zensiert wird. Wenn wir dem nachgeben, spielen wir damit den Populisten und Rechten in die Hände. Dann leben wir nicht mehr in einer freien Welt.“

Die Konzerte am Freitag und Samstag, 20 Uhr, im Opernhaus sind ausverkauft.

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